Zum 90. Todestag des Thronfolgers:
                      Schwerpunkt: Schloß Artstetten

 

erstellt am
01. 06. 04

Franz Ferdinand Erzherzog
von Österreich-Este

Teil 3

Die Gründerzeit
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrunderts erlebte Wien, die Hauptstadt der Monarchie, die größte Wandlung. In dieser Zeit, in der Franz Ferdinand geboren wurde, bekommt die Metropole ein neues Antlitz – wird unser heutiges Wien, zumindest was den Stadtkern anbelangt.
Die Gründerzeit verändert das Wiener Stadtbild nachhaltig. Im Bild ist der Opernring in einer zeitgenössischen Ansicht von Franz Alt zu sehen, links die Oper selbst
Die Rotunde im Wiener Pratergelände wurde für die Weltausstellung 1873 gebaut

Foto: Österreich Journal


Ein starkes Spannungsverhältnis entsteht zwischen dynastischem Machterhalt, mit all den außen- und innenpolitischen und nicht überwindbaren Problemen, und dem Wirtschaftswunder, das eine überhitzte und überbevölkerte Stadt, deren Bewohner verschiedensten Nationalitäten angehörten, wie eine Riesenwelle überschwappte. Aus der Hauptstadt wurde eine Weltstadt.

Kaiser Franz Joseph I. hatte den Auftrag zum größten Bauvorhaben der Innenstadt gegeben: Altes mußte zerstört werden und in atemberaubender Zeit entstand das Neue. Für diese Gründerzeit wurde 1858 für die Verbauung der zukünftigen Ringstraße ein Wettbewerb ausgeschrieben. Neben den heute so beachteten Prachtbauten Oper, Museen, Parlament, Burgtheater, Rathaus, wurden auch die ausladenden Gärten wie Stadtpark, Burggarten, Volksgarten, errichtet und dazwischen die herrschaftlichen Palais für den aristokratischen Adel und Geldadel. Das Palais Epstein neben dem Parlament, die Palais Wertheim, Dumba, Erzherzog-Wilhelm (heute Hotel Marriott), Henckel-Donnersmarck (heute SAS-Palais-Hotel), Leitenberg, Schey, Ephrussi. Die elegantesten Hotels stammen aus dieser Zeit, Hotel Imperial, Hotel de France, Grandhotel, Hotel Bristol. Die Baumeister, Maler, Musiker, Dichter, Bildhauer, Schauspieler haben ihre Namen in dieser Gründerzeit verewigt. Die Ringstraßenzone prägte das architektonisch und gesellschaftliche Leben und wurde zum Synomym für die liberal geprägte städtische Verwaltung und staatliche Regierung jener Zeit und den die Ringstraßenzone dominierenden Historismus, zugleich aber auch zu jenem der Dominanz des Großbürgertums, das die wirtschaftliche Entwicklung mit allen ihren positiven und negativen Entwicklungsstufen prägte.

Und 1873 sollte die Weltausstellung quasi zur Krönung werden. Glanz und Macht der Gründerzeit sollten der ganzen großen Welt vorgeführt werden. Kaiser, Zar, Könige und der Schah von Persien, mit seinem ganzen Harem im Schloß Hetzendorf einquartiert, waren die nobelsten Gäste. Es sollte etwas Gewaltiges, Kolossales, Außergewöhnliches entstehen. Und das ist mit der „Rotunde“, einem Rundbau im Durchmesser von 108 und einer Kuppelhöhe 84 (!) Metern auch gelungen. Doch schon einige Tage nach der feierlichen Eröffnung durch Kaiser Franz Joseph am 1. Mai 1873 erschütterte der Börsenkrach nicht nur die Monarchie. Etwa 90 Prozent aller Aktientitel verschwanden vom Wiener Kursblatt, Tausende Anleger verloren teils ihre letzten Ersparnisse. Und als ob das noch nicht genug wäre, brach noch eine Choleraepidemie aus. Vielen der rund 50 Millionen Einwohner der Donaumonarchie waren Reise-, Schau-, Einkaufslust vergangen, selbst mit immerhin 7 Millionen Besuchern konnte die finanzielle Belastung nicht wettgemacht werden: Ein Defizit von 19 Millionen Gulden war die Folge, was einer heutigen Kaufkraft von etwa 18 Millionen Euro oder 250 Millionen Schilling entspricht.

Das Wirschaftswunder – eine Seifenblase. Der Börsenverkehr brach völlig zusammen. Kurz- oder mittelfristig verschwand ein Großteil der Banken und etwa die Hälfte der bis 1873 gegründeten Aktiengesellschaften. Dem hitzigen Treiben der Ringstraßenzeit folgte eine Zeit der kalten Ernüchterung, erfüllt mit einer Vorahnung des Unterganges. Verdrängt zwischen den Tanzschritten unter den Klängen des Walzerkönigs Johann Strauß Sohn.
   

Der letzte Tag
Anstelle seines Onkels, dem Kaiser von Österreich, machte er sich auf in die bosnische Hauptstadt, nach Sarajevo. Obwohl es berechtigte Befürchtungen gab, daß es dort zu Unruhen
Der Thronfolger und Gattin in ihrem Wagen, wenige Augenblicke vor dem Attentat
Die durchschossene Uniform Franz Ferdinands im Heeresgeschichtlichen Museum
Ebenfalls im Heeresgeschichtlichen Museum aufbewahrt: die Pistole des Attentäters Gavrilo Princip und die Polizeifotos der mit ihm Verhafteten

Fotos: Erzherzog Franz Ferdinand Museum
kommen würde, wollte er dem greisen Monarchen die Mühsal der langen Reise ersparen und hat als Generalinspekteur der österreichisch-ungarischen Armee an den serbischen Manövern teilgenommen. Es war ein strahlender Sommertag, der 28. Juni 1914 – und der letzte Tag im Leben des Thronfolgers und seiner Frau Sophie. Für den Vormittag standen, wie üblich, Termine in der Öffentlichkeit fest, Begrüßung des Bürgermeisters und seiner Stellvertreter, Stadtrundfahrt. Auf dem Weg zum Rathaus, Franz Ferdinand und Sophie saßen im dritten Wagen der Kolonne, löste ein für die beiden vorgesehener Sprengsatz, der unter dem nachfolgenden Automobil explodierte, blankes Entsetzen aus. Man fuhr umgehend weiter zum Rathaus, dort wollte man beratschlagen, wie man weiter vorgehen sollte mit dem Ergebnis, den vorgesehenen Ablauf zu ändern. Der Thronfolger wollte Oberstleutnant Erik von Merizzi, jenen Offizier, der bei dem eben erfolgten Anschlag verletzt wurde, im Spital besuchen. Danach wurde eine neue Route für die Weiterfahrt besprochen. Durch reine Schlamperei wußten einige Fahrer davon aber nichts, weshalb auf halbem Wege umgekehrt werden mußte. Es war kurz vor 11 Uhr. Diese Gelegenheit nutzte der Attentäter Gavrillo Princip und feuerte aus der Zuschauermenge zwei Revolverschüsse auf Franz Ferdinand und seine Frau ab. Sophie verstarb sofort, Franz Ferdinand erlag seinen Verletzung kurz darauf.

Der Attentäter wurde unmittelbar danach verhaftet. Als Erklärung für seine Tat gab er Rache für die Unterdrückung der Serben durch Österreich-Ungarn an. Er gehörte der radikal-nationalistischen Gruppe Jung-Bosnien an und stand in Verbindung zur serbischen Geheimorganisation „Schwarze Hand“. Österreich stellte nach der Ermordung des Thronfolgerpaares ein Ultimatum, das Serbien nicht akzeptiert hat. Am 23. Juli 1914 wird damit der Erste Weltkrieg ausgelöst.

Diese beiden Schüsse beendeten innerhalb weniger Minuten zwei Leben, von denen sich so viele Österreicher eine bessere, friedlichere Zukunft erhofft hatten. Kein Mensch konnte damals auch nur ahnen, daß dies der Auslöser für den ersten der beiden so verheerenden Weltkriege im 20. Jahrhundert sein sollte.
     
Schloß Artstetten
Erzherzog Franz Ferdinand Museum
A - 3661 Artstetten
Telefon: ++43 / (0)7413 / 80 06-0
Telefax: ++43 / (0)7413 / 80 06-15
http://www.schloss-artstetten.at
E-Mail:
museum@schloss-artstetten.at
Öffnungszeiten:
vom 1. April bis 1. November 2004
täglich von 9 bis 17.30 Uhr
Besichtung mit und ohne Führungen möglich! Führungen nur nach Voranmeldung, auch im Winter und abends Gruppenführungen möglich!
     

Teil 1 Teil 2 Teil 3
Hören Sie hier unseren 7 Minuten-Radiobeitrag

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Aktuelle Ergänzung:  

Jesuiten übergaben dem Heeresgeschichtlichen Museum Erinnerungsstücke


Am 16. Juni 2004 wurden dem Heeresgeschichtlichen Museum die bisher von Jesuiten verwahrten Erinnerungsstücke an das Attentat von Sarajewo 1914 auf immer währende Zeit zur Verwahrung übergeben. Dabei handelt es sich um das blutige Hemd von Franz Ferdinand, ein Kopfkissen, eine Rose, die seine Gattin Sophie von Hohenberg beim Attentat getragen hatte, sowie vier Waffen, wovon eine möglicherweise die Tatwaffe ist.


Pater Thomas Neulinger (rechts) übergibt das durch die Schüsse blutige Hemd des Thronfolgers an Museumsdirektor Dr. Manfried Rauchensteiner

Foto: Heeresgeschichtliches Museum, Wien, Foto: Manfred Litscher

In den Besitz des Ordens gelangten die Objekte über einen Jesuitenpater, der bei der Ermordung im Gefolge war und Franz Ferdinand die Letzte Ölung gab. Der Geistliche, der damals in Sarajewo für die Jugendseelsorge gearbeitet hatte, pflegte Kontakt zu Sophie.

Die überreichten Gegenstände werden jetzt von Restauratoren untersucht, sagte HGM-Direktor Manfried Rauchensteiner. Dabei gehe es um die Überprüfung des Zustands und in der Folge um die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen. Diese waren beim Jesuitenorden nicht gegeben, weshalb man sich u.a. von den Erinnerungsstücken getrennt hat, sagte Pater Thomas Neulinger. "Das Attentat ist auch mit öffentlichem Interesse gekoppelt und ein öffentliches Museum ist dafür ein besserer Ort." Ob in diesem Zusammenhang das eine oder andere Stück bereits zum 90. Jahrestag des Attentats am 28. Juni ausgestellt wird ist noch offen, aber letztlich nur eine Frage der Zeit.
 
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