Macht des Wortes – Mönchtum im Spiegel Europas  

erstellt am
30. 04. 09

Wörter sind Meilensteine der Geschichte. Sie können vernichten und aufbauen, bewegen und verändern. Und in ihnen spiegelt sich das Wissen vieler Epochen. Wissen ist Macht. So ist es und so war es.


Foto: http://www.europaausstellung.at
In Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ steht diese Welt des Wissens und der Bücher im Mittelpunkt einer Geschichte, die „unter die Haut“ geht. Die Europaausstellung im Benediktinerstift St. Paul beleuchtet dieses Ringen um Wissen und Macht neu und versucht, alle Facetten aufzuzeigen – vom ältesten Buch Österreichs (Anfang 5. Jahrhundert) bis hin zu den verbotenen Manuskripten, die einer strengen Zensur unterlagen. Heute wird gezeigt, was im „finsteren“ Mittelalter verboten war.

Die Merseburger Zaubersprüche, zwei Zauberformeln, welche die einzigen, erhaltenen Zeugen germanisch-heidnischer Religiosität in althochdeutscher Sprache sind, die Geschichte des Lachens von Aristoteles oder alte irische Zauberformeln sind ebenso zu sehen wie Prachtkodices aus dem Vatikan. So bekommt der Besucher zu sehen, was vielen Generationen zuvor verwehrt war und begibt sich auf die Spuren des Mönchtums im Spiegel Europas. Vieles, was unsere Geschichte prägte, hat seinen Ursprung im Mönchtum.

Viele beeindruckende Bauwerke entstanden, die heute noch das Mühen der Gottsuche als steingewordenes Credo darstellen. Neben herausragenden Werken der europäischen Buchkunst sind Kostbarkeiten des Kunsthandwerks und der Malerei zu sehen. Namen wie Albrecht Dürer, Peter Paul Rubens, Tilman Riemenschneider und Anthonis van Dyck sind ebenso vertreten wie Ribera, Lukas Cranach oder Kremser Schmidt.

Eine atemberaubende Welt öffnet sich den Sinnen. Gewaltige Gewölbe, geheime Gänge und prachtvolle Säle bilden die Kulisse einer einmaligen Schau. Was in Ecos Roman als Fantasiegebilde entstand, ist in St. Paul durch die bauliche Adaptierung verschütteter Räume Wirklichkeit geworden. Ein Eldorado für den Bücherfan ist die neue Bibliothek in den uralten Gewölben unter den bisher bekannten Räumen des Klosters.

Kostbarkeiten der Gold- und Silberschmiede runden das Angebot für den Betrachter ab und sind Teil der über 1000 Exponate aus ganz Europa, die es auf einer riesigen Ausstellungsfläche zu bestaunen gibt.



Die Gutenberg-Bibel aus dem Stift St. Paul ist eines der ersten gedruckten Bücher der Welt.
Foto: http://www.europaausstellung.at


Kristalldom
Die Inszenierung der Schöpfungstage und des Lebens des Hl. Benedikt durch Peter Hans Felzmann in einer atemberaubenden Kellerwelt versetzt den Besucher in Staunen und entführt ihn in eine andere Zeit. Der Kristalldom stellt sich als eines der Highlights der Europaausstellung dar und lädt im Planetarium zum Träumen ein und gebietet Ehrfurcht vor der Virtuosität der Architektur des Mittelalters.

Barockgarten und Kräutergarten
Wer jedoch dem Streß des Alltags entfliehen möchte, kann sich im historischen Barockgarten bei einer Tasse Kaffee im Gartenschlößl Belvedere erholen und den Ausblick und die Ruhe im „Paradies Kärntens“ genießen. Bestimmt ist gegen die Hektik dieser Zeit auch ein Kraut gewachsen, vielleicht findet man dieses sogar im neu angelegten Kräutergarten oder in einem der Tees, welche in der eigenen Kräuterapotheke zum Verkauf angeboten werden.

Kinderprogramm
Nicht vergessen hat man im Stift St. Paul auf die kleinen Gäste, so begeben sich die Kinder gemeinsam mit dem Klosterkobold Muki auf Entdeckungsreise und können nach erfolgreicher Rätselrallye eine kleine Überraschung im Museumsshop abholen. Und während die Erwachsenen durch die spannende Ausstellung spazieren oder bei einem guten Gläschen Stiftswein im Restaurant entspannen, können sich die ganz Kleinen in der Kinderbetreuungsstätte vergnügen.

Macht des Bildes
Der „Macht des Wortes“, wird im Werner Berg Museum in Bleiburg die „Macht des Bildes“, die Fähigkeit der Bilder in der Erscheinung Sinn und Bedeutung zu schaffen, gegenübergestellt.

Herausragende Kunstwerke unserer Zeit bieten eine anschauliche Ergänzung zu den in St. Paul behandelten historischen Zeiträumen.

Der Besucher erfährt, wie große österreichische Künstler des 20. Jahrhunderts Visionen von Transzendenz und Göttlichkeit in ihren Bildern zu zeigen vermochten. Der Bogen der über 50 ausgewählten Künstler reicht von Alfred Kubin, Egon Schiele und Oskar Kokoschka über Herbert Boeckl, Max Weiler und Arnulf Rainer bis zu Hermann Nitsch. Die Fülle der ausgewählten Werke ergibt gleichzeitig einen eindrucksvollen Überblick über die Geschichte der österreichischen Moderne. Wie haben die Künstler, jeder einzelne von Ihnen, Göttlichkeit erlebt? Dies wird zur zentralen Frage der Ausstellung.

Besondere Berücksichtigung erfährt dabei das im Museum sonst beheimatete Werk Werner Bergs. Erstmals zeigt der neue Skulpturengarten Meisterwerke zeitgenössischer Bildhauerkunst.



»Altar der Heiligen Familie«, zu sehen im Werner Berg Museum Bleiburg
Foto: http://www.europaausstellung.at
   

Tanzfestival
Beim Tanzfestival, in dem ein eigens für diesen Zweck geschaffenes Werk von Johann Kresnik und Karlheinz Miklin zur Uraufführung kommt, wird Bleiburg zum Zentrum aktuellster performativer Kunst. Europafeste sowie kulinarische Kostbarkeiten veredeln das Angebot der Europaausstellung, die auf diesem Wege zwei Regionen miteinander verbindet und den Begriff Europa neu interpretiert.

Feierliche Eröffnung
Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler, LHStv. Reinhart Rohr und Landesrat Josef Martinz kamen am 26. April 2009 nach St. Paul, dankten und gratulierten allen Beteiligten, allen voran dem Gesamtleiter der Ausstellung, Pater Gerfried Sitar. Sie alle wünschten der Ausstellung viele Besucher und auch viel wirtschaftlich-kulturtouristischen Erfolg.



Große Eröffnung im Stift St. Paul (v.l.): Pater Gerfried Sitar, LH Gerhard Dörfler mit Gattin Magreth, Diözesanbischof Alois Schwarz, Bürgermeister Hermann Primus und Superintendent Manfred Sauer
Foto: LPD / fritzpress


„Zur Macht des Wortes gehört die Kunst des Schweigens“, waren die knappen Worte von LH Dörfler, als er die Ausstellung für eröffnet erklärte. Der Grund dafür, es gab bereits viele Vorredner und lange Ansprachen. LHStv. Reinhart Rohr sprach von einem Fest- und Freudentag für St. Paul. Mit dieser Europaaustellung werde ein Bildungsauftrag umgesetzt, so Rohr.

Landesrat Martinz sagte, daß mit der Macht des Bildes und der Macht des Wortes verantwortungsvoll umzugehen sei. Es handle sich hier um eine Europa- und Landesausstellung und die Kraft Europas werde eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht.

Der Gesamtorganisator der Ausstellung, Pater Sitar, sagte, dass die Europaausstellung aus einer Vision gewachsen sei. Er brachte seinen Dank gegenüber dem verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider zum Ausdruck. Haider sei ein wesentlicher Motor des Projektes gewesen und habe wie er selbst immer an die Realisierung geglaubt, so Sitar.

Der deutsche Kulturwissenschafter Matthias Wemhoff und der Kunsthistoriker und Jesuit Friedhelm Mennekes hielten Festvorträge. Wemhoff hob die Prägekraft des klösterlichen Lebens für Europa hervor. Er unterstrich die Notwendigkeit, das kulturelle Erbe darzustellen. Beten, arbeiten, lesen und hören sei im Sinn des heiligen Benedikts und im Sinne dieser Regel sollte sich auch der Besucher mit Verstand und Herz der Ausstellung zuwenden.

Der St. Pauler Bürgermeister Hermann Primus hob ebenfalls den enormen Mut und den Elan des Benediktinerstiftes bzw. aller Organisatoren und Mitarbeiter hervor. Der Bleiburger Vizebürgermeister Michael Jernej sprach die Einladung aus, den Ausstellungsteil „Macht des Bildes“, der am 1. Mai in Bleiburg eröffnet wird, ebenfalls zu besuchen. Bleiburg freue sich, „mit St. Paul in einem Boot sitzen zu können“, so Jernej.

Überaus groß war der Andrang bei der Eröffnung und dem vorausgehenden Festgottesdienst mit Abt Heinrich Ferency und Bischof Alois Schwarz. Unter den vielen Gästen sah man weiters LH-Gattin Margreth Dörfler, Superintendent Manfred Sauer, Landtagspräsident Johann Gallo, Landesamtsdirektor-Stv. Dieter Platzer, Europaparlamentarier Hubert Pirker, NRAbg. Peter Stauer, Alt-Landtagspräsident Jörg Freunschlag, ORF-Landesdirektor Willy Haslitzer, Landesmuseumsdirektor Erich Wappis, Architekt Josef Klingbacher, Cornelia Haider sowie mehrere Bürgermeister und viele Pilger aus St. Blasien – von dort aus wurde das Stift St. Paul vor 200 Jahren wiederbesiedelt – und aus Spital/Phyrn, die auf dem sogenannten „Benedikt-Pilgerweg“ rechtzeitig zur Eröffnung nach St. Paul gekommen waren.

Die Europaausstellung dauerte bis 8. November 2009.

http://www.europaaustellung.at
http://www.wernerberg.museum
     
Den vollständigen Artikel finden Sie im "Österreich Journal" pdf-Magazin,
Ausgabe 071 vom 30. 04. 2009 – lesen Sie auch einen „Österreich Journal“ Bildbericht über das Stift St. Paul, der in der Ausgabe 10 vom 2. Mai 2003 erschienen ist. http://www.oesterreichjournal.at
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