Das Stift Heiligenkreuz  

erstellt am
31. 07. 09

Markgraf Leopold III. entschloß sich um 1133 zur Stiftung
eines Zisterzienserklosters im südlichen Wienerwald.
     
Stift Heiligenkreuz
Auf Bitten seines Sohnes Otto, der in der burgundischen Zisterzienserabtei Morimond das Ordenskleid genommen hatte, entschloß sich Markgraf Leopold III. um 1133 zur Stiftung eines Zisterzienserklosters im südlichen Wienerwald, das von Anfang an, und nicht erst seit dem Erhalt der großen Kreuzreliquie im Jahr 1187, Sancta Crux, Heiligenkreuz, genannt wurde.
Im 12. und 13. Jahrhundert erlebte das Stift eine erste Blütezeit: So wuchs in dieser Zeit der klösterliche Besitzstand rasch an, wobei sich neben der babenbergischen Herrscherfamilie und den ungarischen Königen auch zahlreiche Adelige und Bürger als Gönner hervortaten. Der damalige Aufschwung spiegelt sich aber auch in der bis zum heutigen Tag erhaltenen eindrucksvollen mittelalterlichen Klosteranlage wider, die aus dem 12. und 13. Jahrhundert datiert: 1187 wurde der romanische Kirchenbau geweiht, 1220-1240 die Klosteranlage frühgotisch umgebaut, 1295 der gotische Hallenchor und das Brunnenhaus vollendet.

An der Filiationstätigkeit des Wienerwaldklosters werden dessen Personalressourcen erkennbar: Heiligenkreuzer Mönche besiedelten innerhalb von zwei Jahrhunderten sieben weitere Zisterzienserabteien, namentlich Zwettl (1138), Baumgartenberg (1142), Czikador (1142), Marienberg (1197), Lilienfeld (1202), Goldenkron (1263) und Neuberg (1327). Schließlich ist auch auf die Leistungen der Mönche auf kulturellem Gebiet zu verweisen: Abgesehen von der Produktion wertvollster Handschriften (bis 1230 ist die Entstehung von 54 Codices in der Heiligenkreuzer Schreibstube nachweisbar) sind in diesem Zusammenhang vor allem die wissenschaftlichen Leistungen einiger Mönche zu nennen, die, wie etwa Gutolf von Heiligenkreuz, zu den bedeutendsten Köpfen ihrer Zeit zählten.


Das spätere Mittelalter stellte Heiligenkreuz vor vielfältige Herausforderungen. Schon seit dem 13. Jahrhundert nahm die Zahl der Heiligenkreuzer Mönche, nicht zuletzt aufgrund des Aufschwungs der Bettelorden in den Städten, stark ab. Aber auch die große Pestepidemie in den 1340er-Jahren dezimierte den Konvent. Auch litt das Kloster schwer unter den politisch wechselhaften Zeiten. Durch die ständigen Kriege und durch die Auseinandersetzungen im Haus Habsburg stand das Stift mehrmals am Rande des Ruins. Fehden nahmen überall überhand. Söldnerbanden suchten Heiligenkreuz und seine Besitzungen heim. Hungersnöte brachen aus, weil die Ernte durch das kriegerische Treiben vernichtet oder nicht eingebracht werden konnte. Eine arge Inflation tat das übrige. Erst im ausgehenden 15. Jahrhundert beruhigte sich die Situation ein wenig. Doch auch die Folgezeit brachte keine echte Besserung der Lage.

Der Kreuzgang (1240), der alle wichtigen Räume miteinander verbindet, als  Zentrum der Klosteranlage

Der Kreuzgang (1240), der alle wichtigen Räume miteinander verbindet, als Zentrum der Klosteranlage.

Sehr zu leiden hatte das Kloster unter den Türkenkriegen von 1529 und 1532. Und auch die aufkommende Reformation stellte den Konvent vor so manches Problem. Nicht wenige der Mönche verließen damals das Kloster. Personell stand es in den 1540er-Jahren vor dem Aus. Doch wendete sich das Blatt mit dem Abbatiat Konrad Schmids (1547-1558), unter dessen Leitung eine Phase der personellen, wirtschaftlichen und kulturellen Konsolidierung eingeleitet wurde, die unter seinen Nachfolgern Abt Ulrich Müller (1558-1584) und Abt Johann Rueff (1585-1599) eine Fortsetzung fand.

Die so bald wieder gefestigte Stellung des Stiftes machte auch die Inangriffnahme neuer Aufgaben möglich, wobei in diesem Zusammenhang vor allem auf die Pfarrseelsorge zu verweisen ist: Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde sie systematisch in Angriff genommen und entwickelte sich bald zu einem zentralen Betätigungsfeld der Mönche.

Im 17. und 18. Jahrhundert gelangte Heiligenkreuz unter den Äbten Michael Schnabel (1637-1658), Klemens Schaeffer (1658-1693), Marian Schirmer (1693-1705), Gerhard Weichselberger (1705-1728), Robert Leeb (1728-1755) und Alberich Fritz (1756-1787) zu neuer Blüte. Sie manifestierte sich auf vielfache Weise. Hervorzuheben ist sicherlich eine zweite von Heiligenkreuz ausgehende Filiationswelle: Unter Abt Klemens Schaeffer wurde eine Schar seiner Mönche in das Zisterzienserstift Säusenstein bei Ybbs entsandt, das dadurch vor seinem Untergang bewahrt wurde.

Bedeutender war aber die unter Abt Robert Leeb, freilich unter größten finanziellen Anstrengungen, vollzogene Erwerbung der seit 1570 dem Orden entfremdeten Zisterzienserabtei Sankt Gotthard in Ungarn, die 1734 von Heiligenkreuz aus wiederbesiedelt wurde. Bis heute erkennbar ist der damalige Aufschwung des Klosters aber auch an einer regen Bautätigkeit: Im 17. und 18. Jahrhundert erhielt die (äußere) Klosteranlage von Heiligenkreuz ihr heutiges Aussehen. Gebaut und ausgebaut wurde auch das Priorat Sankt Gotthard und der Wiener Heiligenkreuzerhof. Eine Reihe bedeutender Künstler arbeitete in dieser Zeit für das Stift, unter ihnen Michael Rottmayr, Martino Altomonte, Giovanni Giuliani und Raffael Donner.

Durch die kirchlichen Reformpläne Josephs II. geriet auch Heiligenkreuz in arge Bedrängnis. Aufgrund der seelsorglichen Agenden der Mönche entging das Kloster aber seiner Aufhebung. Doch wurde dem Konvent ganze zehn Jahre lang die Aufnahme von Novizen untersagt, wodurch die Mitgliederzahl in diesem Zeitraum von 80 auf 48 Mönche herabsank. Auch litt das monastische Leben in Heiligenkreuz unter dem österreichischen Staatskirchentum sehr. So wurde etwa das Chorgebet anfänglich eingeschränkt und später sogar ganz abgeschafft. Aber auch in seiner rechtlichen Stellung und in seinen Freiheiten wurde das Kloster beschnitten: Heiligenkreuz wurde der Verkehr mit dem Mutterkloster des Ordens Cîteaux untersagt, seiner Exemption beraubt und dem Erzbischof von Wien unterstellt.

Die Gründung der bis heute existierenden theologischen Hauslehranstalt im Jahr 1802, in der die Zisterzienserabteien Niederösterreichs fortan ihren Ordensnachwuchs ausbildeten, war ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Lösung des Klosters aus der staatlichen Bevormundung. Einen gewissen Abschluß fand dieser Prozeß 1859, als die Exemption des Klosters wiederhergestellt und eine „Österreichisch-Ungarische Cistercienserkongregation“ gegründet wurde.


Blick durch das Kirchenschiff (1184) auf den Hallenchor (1295)

Blick durch das Kirchenschiff (1184) auf den Hallenchor (1295)


1877 wurde die Verbindung von Heiligenkreuz und St. Gotthard in Ungarn gelöst. Die ungarische Regierung hatte die Trennung seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts immer wieder gefordert und sich schließlich auch gegenüber Heiligenkreuz durchgesetzt. So ging eine fast 150jährige gemeinsame Geschichte unfreiwillig zu Ende. 1881 begann mit der Vereinigung mit der in Not geratenen Zisterzienserabtei Neukloster in Wiener Neustadt ein neues Kapitel. Auf diese Weise kamen auch acht weitere Pfarreien an das Stift.

Das 20. Jahrhundert brachte auch über das Stift Heiligenkreuz eine Reihe von Problemen. Wie viele andere Klöster befand es sich nach 1918 in großen finanziellen Schwierigkeiten, die Notverkäufe – nicht zuletzt aus den stiftlichen Sammlungen – notwendig werden ließen. Schlimmer zu leiden hatte das Kloster aber dann unter der Herrschaft des NS-Regimes, mit dessen Untergang 1945 auch für die Heiligenkreuzer Mönche bessere Zeiten anbrachen.

Heute, 870 Jahre nach seiner Gründung, ist das Zisterzienserstift Heiligenkreuz eines der bedeutendsten und lebendigsten Klöster Österreichs. Zu Heiligenkreuz gehören die Priorate Neukloster (Wiener Neustadt) und Stiepel (nahe der deutschen Stadt Bochum). Während Neukloster im 19. Jahrhundert mit Heiligenkreuz vereint wurde, handelt es sich bei Stiepel um ein 1988 gegründetes Tochterkloster. Der Konvent umfaßt derzeit etwa 70 Mönche, die in den verschiedensten Bereichen tätig sind. Einen hohen Stellenwert hat noch immer die Pfarrseelsorge: Insgesamt 18 Pfarren werden von Heiligenkreuzer Mönchen seelsorglich betreut. Heiligenkreuz ist heute aber auch ein Bildungszentrum: An der aus der 1802 gegründeten Hauslehranstalt hervorgegangenen philosophisch-theologischen Hochschule studieren derzeit über 140 Studenten. Die meisten von ihnen sind auf dem Weg zum Priestertum.


Den besten Eindruck von der Erhabenheit der Klosterkirche erlebt man , wo sich Lang- und Querhaus kreuzen.

Den besten Eindruck von der Erhabenheit der Klosterkirche erlebt man , wo sich Lang- und Querhaus kreuzen.

Ein Blick auf das südliche Querschiff mit der Treppe zum Kreuzgang und dem Chorgestühl. Ganz links im Bild das Taufbecken.

Ein Blick auf das südliche Querschiff mit der Treppe zum Kreuzgang und dem Chorgestühl. Ganz links im Bild das Taufbecken.
   

»Chant – Music for Paradise«
„Es ist wie ein Wunder – anders kann man es nicht nennen“: Mit diesen Worten kommentierte Pater Karl Wallner den sensationellen Erfolg der Heiligenkreuzer Zisterziensermönche mit ihrer CD „Chant – Music for Paradise“. Die gregorianischen Choräle der Ordensmänner aus dem Wienerwald erklommen 2008 die Spitze der österreichischen Album-Charts; noch spektakulärer war der Verkaufserfolg in Großbritannien, der sogar eine Pop-Größe wie Madonna mit ihrer CD „Hard Candy“ um sechs Ränge hinter sich ließ.

„Jetzt ist die ,echte Madonna‘ in den Charts“, so Pater Karl Wallner. Doch Hitparadenerfolge seien letztlich „oberflächlich“ und sekundär, sagte er im Gespräch mit „Kathpress“, der Österreichischen Katholischen Presseagentur. Was ihn viel mehr freue, seien die vielen positiven Rückmeldungen von Menschen, die sich von den Gesängen der Heiligenkreuzer Zisterzienser innerlich berührt fühlen. Es sei erfreulich, daß die Kirche, die sonst mehr mit moralischen oder gesellschaftspolitischen Themen in den Medien präsent gewesen sei, jetzt mit ihrer „Kernkompetenz“, der gelebten Spiritualität, Aufmerksamkeit errege. Diesem Interesse an den Schätzen der geistlichen Tradition wie dem Gregorianischen Choral traut P. Karl Wallner mehr Nachhaltigkeit zu als den Erfolgen in den Hitparaden.

Um den Verwendungszweck der Einnahmen sei man in Heiligenkreuz nicht verlegen: Jährlich komme eine Fülle von Briefen ins Stift, in denen Ordensniederlassungen aus allen möglichen Ländern um Unterstützung für auszubildende Priester oder um einen Platz an der hauseigenen Päpstlichen Hochschule ersuchen. „Diesen Bitten kann der Abt jetzt viel leichter nachkommen“, so Pater Wallner. Auf der internationalen Site
http://www.chantmusicforparadise.com
gibt es weitere Informationen. Sie können dort auch kostenlos Hineinhören.
http://stift-heiligenkreuz.org/

Ein beeindruckender Blick vom romanischen Teil der Kirche zum Hof.

Ein beeindruckender Blick vom romanischen Teil der Kirche zum Hof.
     
Alle Fotos: Stift Heiligenkreuz / Michael Mössmer
     
Den vollständigen Artikel finden Sie im "Österreich Journal" pdf-Magazin,
Ausgabe 074 vom 31. 07. 2009
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