Die Firma Portois & Fix  

erstellt am
19. 06. 08

Vom 8. Juli bis 1. September 2008 präsentiert das WAGNER:WERK Museum Postsparkasse im Großen Kassensaal die Ausstellung »Pariser Esprit und Wiener Moderne. Die Firma Portois & Fix«.
     
Die Unternehmensgeschichte von Portois & Fix reicht von der Zeit der Ringstraße bis ins ausgehende 20. Jahrhundert. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt in den Jahren vor und um 1900, als Portois & Fix in Wien Möbelentwürfe von Otto Wagner, Max Fabiani, Koloman Moser und Josef Hoffmann kongenial umsetzte und damit Designgeschichte schrieb.

Johann Fix und August Portois
Um 1840 kam die Einrichtung eines Zimmers keineswegs nur vom Möbeltischler. Bei der Gestaltung eines Wohnraumes war die Zusammenarbeit einer Vielzahl unterschiedlicher Handwerks- und Gewerbezweige notwendig. Die
 

Max Fabiani – Firmengebäude Portois & Fix , 1899
© Archiv Kunsthandel Kovacs
Palette reichte vom Bautischler, der Fußböden, Fenster und Türen anfertigte, über den Zimmermaler, den Anstreicher, den Hafner, der die Kachelöfen herstellte, bis zum Bronzearbeiter, der die Möbelbeschläge und Beleuchtungskörper lieferte und zum Tapezierer, der nicht nur die Sitzmöbel polsterte, sondern auch die Wände „spalierte“ – also mit Stoff oder Papiertapeten bespannte – sowie Vorhänge und Bettdraperien nähte. Die Raumtextilien kamen vom Seidenfabrikanten und die Teppiche wurden in Fabriken wie der k. k. Linzer Wollzeugfabrik produziert. Die Fransen, Quasten und Schnüre wurden schließlich vom Posamentierer passend dazu angefertigt. Die textile Ausstattung hatte für die Gesamtwirkung eines Wohnraumes besondere Bedeutung, weshalb dem Tapezierer zusehends die Rolle des Dekorateurs zukam.

1842 gründete der Wiener Tapezierermeister Johann Fix eine Werkstatt in der Heumühlgasse 20 in Wien-Wieden. Johann Fix‘s Sohn Anton (1846-1918) übernahm 1872 den väterlichen Betrieb und bereitete sich auf die Präsentation seiner Arbeiten bei der Wiener Weltausstellung im darauffolgenden Jahr vor. Über die Wiener Tapeziererarbeiten hielt Jacob von Falke im Katalog der Weltausstellung fest: „(…) etliche Tapeziererarbeiten, namentlich Sitzmöbel, suchen es den modischen Caprizen der Franzosen gleich zu thun, suchen sie auch wohl zu überbieten, wie wir z. B. von einem Wiener Tapezierer ein vollständiges ägyptisches Boudoir ausgestellt sehen, d. h. wie es sich eben Wiener Tapezierer denken.“ Ungeachtet der Polemik – der Tapezierermeister Fix gehörte nicht in den Kreis der Wiener Kunstgewerbereform, den Falke bewußt förderte – stellte Anton Fix seine Erzeugnisse auch bei der nächsten Weltausstellung 1878 in Paris vor. Im Ausstellungskatalog hieß es: „Anton Fix, Tapezierer und Decorateur (Wien IV, Wienstraße 33). 1873 Med. für guten Geschmack. Diverse Möbel und Aquarelle, darstellend das Innere von Wohnungen.“ Anton Fix war es gelungen, den


Ausstellungsraum / Galerie im neuen Firmensitz Firmenkatalog 1906, Imperial Royal Austrian Exhibtion Vienna-Paris © Archiv Kunsthandel Kovacs
 
väterlichen Tapeziererbetrieb erfolgreich weiterzuführen und einige internationale Anerkennungen zu erringen, neue Zukunftsperspektiven sollten sich jedoch erst durch einen Firmenzusammenschluß ergeben.

August Portois (1841-1895), war Mitglied einer Handelsgesellschaft mit Sitz in Paris am Boulevard Haussmann. 1869 gründete er mit Isidor Blum (geb. 1840) in Wien die Societé Commercial de Paris und suchte 1873 um den Titel eines Hoflieferanten an, den die Firma 1874 erhielt.

1873 präsentierte sich das Unternehmen bei der Wiener Weltausstellung und wurde von Anton Fix in seinem Beitrag über die Tapeziererarbeiten im offiziellen Ausstellungsbericht als „Commissionshaus“ vorgestellt, welches „in Vereinigung vieler erster Firmen Frankreichs ausgestattet wurde und ein Gesamtbild der französischen Möbelindustrie und im Decorationsfache bietet“.

1874 erhält das Unternehmen den Auftrag, die von Kaiserin Elisabeth im Erdgeschoß von Schloß Schönbrunn bewohnten Räume neu auszustatten. Das Unternehmen lieferte Stoffe für die Vorhänge, Wandbespannungen und Möbelpolsterungen sowie Teppiche im großen und im kleinen Salon und im Entree. Mit den Arbeiten in Schloß Schönbrunn dürfte sich August Portois bei Hofe empfohlen haben, und weitere Aufträge folgten: zwei Salons für die Kronprinzessin und die künftige „Kindskammer“ in der Wiener Hofburg; das Appartment von Kronprinz Rudolf in der Prager Burg, als dieser 1878 im Rahmen des Militärdienstes nach Prag übersiedelt war, oder das „türkische Zimmer“ des Kronprinzen.

1881: Die Firma Portois & Fix entsteht
Die beiden Dekorateure August Portois (39 Jahre) und Anton Fix (34 Jahre) schlossen sich 1881 zum Ausstattungsunternehmen Portois & Fix zusammen, das somit in der Lage war, komplette Wohnungseinrichtungen anzubieten. Beide gehörten nicht in den Kreis der Wiener Kunstgewerbereform, und die Erzeugnisse des Unternehmens wurden nicht in den Blättern für Kunstgewerbe vorgestellt. Dennoch waren beide bei österreichischen und internationalen Ausstellungen erfolgreich gewesen, und August Portois verfügte darüber hinaus über Kontakte zum Wiener Hof und nach Frankreich.

Der erste prominente Auftritt des neuen Unternehmens fand 1883 bei der von Kronprinz Rudolf eröffneten Elektrischen Ausstellung statt, wo auch eine Reihe von modernen Einrichtungen zu sehen waren, die mit elektrischem Licht beleuchtet wurden. Diese Interieurs wurden nun in einem Katalog publiziert.

In den Folgejahren wurden die Kunstmöbel in viele Länder exportiert, besonders nach Deutschland, Russland, der Türkei, der Schweiz, Italien und Ägypten. Firmenniederlassungen gab es in Breslau, Bombay, Budapest, Bukarest, Kairo, Karlsbad, Konstantinopel, London, Mailand, Paris und Turin.

Die Wiener Moderne um 1900
In den Jahren vor 1900 hatte in Wien eine tiefgreifende Erneuerung von Architektur und Kunst begonnen. Anstelle der Nachahmung historischer Stile, wie sie zur Zeit der Ringstraße üblich war, trat nun ein neuer und zeitgemäßer Stil. Dieser Stil umfaßte Architektur, Malerei und Grafik ebenso wie alle Bereiche des Kunstgewerbes. So zeigen die Möbelentwürfe die gleichen konstruktiven Formen wie die Architektur.

Bei der VIII. Secessions-Ausstellung waren im Herbst 1900 Arbeiten von Vertretern der internationalen Moderne neben Entwürfen der Wagner-Schüler Josef Hoffmann (1870-1956), Leopold Bauer (1872-1938) und des Malers Koloman Moser (1868-1918) zu sehen. Ihre Möbelentwürfe wurden von der Firma Portois & Fix ausgeführt.

Inzwischen hatte sich auch Robert Fix (1877-1945), Antons Sohn, als Möbeldesigner profiliert. Bei der Winterausstellung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie 1900/1901 war die Firma besonders stark vertreten, ihre Exponate
 

Robert Fix, Grosses Buffet um 1906
Foto: © bel etage, Wolfgang Bauer, Wien
füllten den ganzen Säulenhof des Museums. Portois & Fix gehörte nun fest in den Kreis der „Wiener Moderne“ um 1900, ihre Arbeiten wurden – im Unterschied zur Ringstraßenzeit – bei Kunstgewerbeausstellungen präsentiert und in Kunstgewerbezeitschriften publiziert.

Am 28. Juni 1914 wurden Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie bei einem Attentat in Sarajewo ermordet. Es folgten der Erste Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie. 1918 starb Anton Fix, sein Sohn Robert, der begabte Zeichner und Entwerfer, widmete sich künftig der Malerei. – Die Glanzzeit der Firma Portois & Fix hatte mit dem Ende der Habsburgermonarchie ebenfalls ihr Ende gefunden.

Das Haus Portois & Fix in der Ungargasse
1893 gewann der Architekt Otto Wagner (1841-1918) den Wettbewerb für den Wiener Generalregulierungsplan und entwickelte ein modernes öffentliches Verkehrsnetz für die Stadt. Wagner gestaltete selbst die gesamte Streckenführung der Wiener Stadtbahn sowie alle Stationsgebäude, darunter auch den Hofpavillon in Schönbrunn, die persönliche Haltestelle des Kaisers. Die leichten, an Vorbildern des Klassizismus orientierten Sitzmöbelentwürfe Otto Wagners sind stilistisch weit entfernt vom bisherigen Oeuvre der Firma Portois & Fix, die hier erstmal – und an überaus prominenter Stelle – Architektenentwürfe ausgeführt hat.

Es erscheint daher nicht überraschend, daß sich Anton Fix für den Wagner-Mitarbeiter Max Fabiani (1865-1962) als Architekten entschied, als es 1899 galt, einen neuen Firmensitz in der Ungargasse 59-61 zu planen. Das erste Werk des jungen Architekten orientierte sich in der Materialwahl an Wagners Fassade am „Majolikahaus“ an der Wienzeile. Der Neubau beherbergte großzügige Verkaufsräume und zahlreiche Spezialwerkstätten unter einem Dach und orientierte sich bautypologisch auch am zeitgenössischen Warenhausbau. Die Fassade sollte Architektur gewordene Visitenkarte der Firma sein und ihre zeitgemäße Produktion repräsentieren.

Bereits zu Beginn plante man eine komplexe Mischnutzung, gleichzeitig Geschäfts-, Ausstellungs- und Lagerhaus, das aber bei geändertem Bedarf – ohne große bauliche Veränderungen – zu einem gängigen Wohn- und Geschäftshaus umzugestalten sein sollte. Es war aber nicht die in der ursprünglichen Konzeption mitgedachte Mischfunktion als Geschäfts- und Wohnhaus, was die Zeitgenossen irritierte, sondern die von Max Fabiani realisierte Fassade. Kaum hatten sie sich mit der Idee von Otto Wagner und seinen Schülern angefreundet, die Fassaden von Wohnhausbauten mit Fliesen zu verkleiden, und diese Fliesen zu einem die ganze Fassade überziehenden Jugendstilmuster zu gestalten, da schockte Fabiani, was die dekorative Gestaltung betraf, mit einer gänzlich neuen Überlegung. Er verkleidete die gesamte Front der Hauptgeschoße mit uniform gestalteten Kacheln ohne jegliche ornamentale Gruppierung - und gänzlich ohne Dekor. Damit radikalisiert er die von Wagner theoretisch immer wieder eingeforderte Uniformität der Wohnhäuser. Hätte Max Fabiani 1900 nach diesem Plan sein Haus nicht in der Vorstadt, sondern etwa am Michaelerplatz errichtet, so kann man sich eines sicher sein: der von dem Bau ausgelöste Skandal wäre um nichts geringer gewesen, als ihn Adolf Loos mit seinem Haus am Michaelerplatz genau ein Jahrzehnt später erlebte.
     
http://www.ottowagner.com/    
     
Diesen Artikel finden Sie auch im "Österreich Journal" pdf-Magazin, Ausgabe 061
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