BK Schüssel: "Rede zur Lage der Nation", I. (II.: siehe hier)  

erstellt am
12. 05. 06

  Schüssel: "Wer nicht wirtschaften kann, kann auch keine Arbeitsplätze schaffen!"
Wien (övp-pd) - Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel legte in seiner "Rede zur Lage der Nation" vor rund 2.000 Österreicherinnen und Österreichern im Wiener Konzerthaus seine Schwerpunkte auf die Lage am Arbeitsmarkt, die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs sowie Bildung und Integration. Die Rede zur Lage der Nation wird traditionell seit mehr als zwei Jahrzehnten vom ÖVP-Bundesparteiobmann im Gedenken an die Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai gehalten wird.

Sozial ist, was Arbeit schafft
Österreich stehe heute "sehr gut" da und gehöre zu den drei besten Ländern der EU. "Wir sind auf der Überholspur und dass wir nicht zurückfallen auf den Pannenstreifen, dafür müsst ihr sorgen im Herbst bei der Wahl", betonte der Bundeskanzler. Daher müsse sich die ÖVP auch in der Sozialpolitik von niemanden belehren lassen, denn so Schüssel: "Sozial ist, was Arbeit schafft. Wer nicht wirtschaften kann, kann auch keine Arbeitsplätze schaffen." Der Bundeskanzler verwies in diesem Zusammenhang auf die Leistungen der Bundesregierung in den vergangenen sechs Jahren - von der Pensions- und Steuerreform über die Kürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate bis hin zum Kindergeld, für das es mittlerweile 75 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung gebe. "Ich weiß, dass wir mit dieser Zustimmung aufrecht und gelassen in die Wahl gehen können."

SPÖ versteht kein denkender Mensch
Scharfe Worte fand Schüssel in Richtung Opposition vor allem für die SPÖ. Warum diese der Steuerreform mit der geringeren Körperschaftsbesteuerung und der begünstigen Gruppenbesteuerung nicht zugestimmt habe, "versteht kein denkender Mensch", meinte der Bundeskanzler mit Verweis auf die BAWAG-Affäre, die Konsumpleite und die Verstaatlichtenkrise. "Neoliberalismus, Abzocken, Heuschrecken-Kapitalismus – wer ist mit diesen Inhalten in Verbindung, nicht wir!" ÖGB-Präsident Verzetnitsch sei zurückgetreten und die SPÖ wolle mit dem ÖGB und der BAWAG nichts zu tun haben. "Ich stehe zu unserer Linie: ja zu einer begrenzten und zeitlich befristeten Hilfe in der Höhe von maximal 900 Millionen Euro, wenn damit die 6.000 Arbeitsplätze sowie die Spareinlagen der 1,3 Millionen Kunden bestmöglich abgesichert werden. Österreich ist auf dem richtigen Weg." Die SPÖ hingegen plakatiere "Sackgasse – das sei wahrscheinlich unter dem Stichwort "positiv campaigning" zu sehen, so Schüssel.

Erfolgreiche Bildungspolitik Marke ÖVP
Lob fand der Bundeskanzler für Bildungsministerin Elisabeth Gehrer. Ihre Universitätsreform habe sowohl die Zahl der Studienanfänger als auch der Absolventen erhöht. An den Studiengebühren könnten wohl maximal "Bummelstudenten" etwas auszusetzen haben, meinte Schüssel. Außerdem habe Gehrer die Gründung einer Elite-Uni durchgesetzt. Eine Orientierung des österreichischen Bildungssystems an skandinavischen Modellen lehnte Schüssel ab und verwies auf die dort höhere Jugendarbeitslosigkeit: Das Ziel des heimischen Bildungssystems sei es nicht, "irgendwann Testsieger zu sein, sondern die Jobchancen der Jugendlichen zu erhöhen". Außerdem forderte Schüssel eine Aufwertung der Rolle der Lehrer: "Das Wort des Lehrers oder der Lehrerin soll wieder etwas gelten, auch zu Hause bei den Eltern."

Integration auf allen Ebenen erforderlich
Angesichts der jüngsten Aussagen von Innenministerin Liese Prokop zur Integrationsunwilligkeit österreichischer Moslems betonte Schüssel: Zuwanderer müssten die deutsche Sprache lernen und die "österreichischen Traditionen respektieren". Dazu gehöre auch die Gleichheit von Mann und Frau, weshalb man beispielsweise Zwangsehen und Ehrenmorde "beinhart verfolgen werde". In seiner Funktion als EU-Ratsvorsitzender verwies der Bundeskanzler auch auf die EU-Integration: Die Öffnung der Märkte sei ein "Erfolgsrezept" für Österreich gewesen.

 

Darabos: Schüssels Abgehobenheit wird immer ärger
Wien (sk) - "Fanfarenklänge und salbungsvolle Worte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bilanz der Regierung Schüssel ganz und gar nicht so wunderbar ist, wie das im Wiener Konzerthaus mit Wahlkampfgetöse dargestellt wurde. Im Gegenteil: Sechs Jahre Schüssel haben dazu geführt, dass jeder achte Österreicher armutsgefährdet ist", sagte SPÖ- Bundesgeschäfts- führer Norbert Darabos in Reaktion auf die ÖVP-Veranstaltung. Darabos konstatierte gegenüber dem SPÖ-Pressedienst: "Schüssels Abgehobenheit wird immer ärger - anstatt die Probleme zu lösen, werden sie schöngeredet."

"Konkret sind 460.000 Menschen akut arm, das sind um 170.000 Menschen mehr als vor 2000, bevor Schüssel die Regierungsverantwortung übernommen hat", betone Darabos am Montag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Dazu haben Rekordwerte bei der Arbeitslosigkeit ebenso beigetragen, wie Teuerungen im Gesundheitsbereich und Pensionskürzungen. "Der Großteil der Pensionistinnen und Pensionisten ist heute ärmer als vor sechs Jahren. So hat eine Brutto-Pension von 700 Euro heute weniger Kaufkraft - bei einer Pension in dieser Höhe bedeutet das 2006 618 Euro Verlust", betonte Darabos. Besonders prekär ist für Darabos auch die Jugendarbeitslosigkeit. "Seit dem Jahr 2000 gibt es um 73 Prozent mehr arbeitslose Jugendliche und junge Menschen. Für diese Zerstörung von Zukunftsperspektiven ist die Regierung Schüssel voll und ganz verantwortlich, das lässt sich auch durch eine inszenierte PR-Veranstaltung nicht wegreden."

Darabos befremdet über Teilnahme Lindners an VP-Wahlkampfveranstaltung
Befremdet zeigte sich Darabos über die Tatsache, dass die ORF-Generalintendantin Lindner dieser Wahlkampf-Veranstaltung in forderster Reihe - gleich hinter den ÖVP-Regierungsmitgliedern und Landesparteichefs - beiwohnte. "Das ist ein selten unverblümt dargestelltes Bekenntnis der Führung des öffentlich rechtlichen Rundfunks für die Unterstützung einer Partei." Für Darabos habe Lindner daher massiven Erklärungsbedarf.

ÖVP ist in Zuwanderungs- und Integrationsfragen alles entglitten
Es sei "bezeichnend", so Darabos, dass Schüssel nicht die Frage der Zuwanderung und Integration anspreche, "sondern lediglich kriminelle Akte wie Zwangsehen und Ehrenmorde erwähnt hat, die in Österreich wohl von jedem verurteilt werden". Für Darabos sei klar, warum Schüssel nicht über die tatsächlichen Probleme sprechen wollte: "Der ÖVP ist in Zuwanderungs- und Integrationsfragen alles entglitten. Keine Regierung hat jemals so viele Ausländerinnen und Ausländer ins Land geholt und die Bevölkerung mit den Problemen dann derart im Stich gelassen", verwies der SPÖ-Bundesgeschäftsführer auf gestiegene Saisonniers- und Grenzgänger-Quoten und die neu geschaffene Möglichkeit für Scheinselbstständige aus Drittstaaten.

 

 Scheuch: ÖVP stellt Arbeit in den Hintergrund!
Wien (bzö) - "Die ÖVP ist ein halbes Jahr vor der Nationalratswahl bereits voll in den Wahlkampf eingestiegen und stellt die Arbeit in den Hintergrund", sagte heute Bündnissprecher DI Uwe Scheuch zur Rede von Bundeskanzler Schüssel.

"Der ÖVP-Obmann verkauft lediglich die BZÖ-Erfolge wie Steuerreform und Kindergeld als die eigenen. Viel wichtiger wäre es aber, bei den noch offenen Punkten wie beim Ausländer-Reformdialog, beim Bundesjugendschutzgesetz oder beim Bundesmitarbeitergesetz die notwendigen Akzente zu setzen. Offensichtlich schafft es die ÖVP nicht, mit dem Tempo, das das BZÖ in der Bundesregierung vorgibt, mitzuhalten", so Scheuch weiter.

Heftige Kritik übte der BZÖ-Bündnis- und Mediensprecher an der Teilnahme von ORF-Generaldirektorin Monika Lindner. "Dies ist sicher kein Signal für die wichtige Entpolitisierung des ORF. Der Auftritt Lindners an der reinen ÖVP-Veranstaltung ist für deren Wiederwahl sich nicht förderlich", so Scheuch abschließend.
 

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vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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