Pensionen stören koalitionäre Stimmung vor EM   

erstellt am
02. 06. 08

Wien (öj) - Am 29.05. haben Bundesminister Erwin Buchinger (SPÖ) und Bundesminister Martin Bartenstein, (ÖVP) eine Einigung zum dem am 11. Jänner 2008 im Rahmen der Regierungsklausur in Grundzügen festgelegten Pensionspaket erzielt. Diese Einigung, die im Rahmen der 69. ASVG-Novelle umgesetzt werden soll, umfasst folgende fünf Punkte:

  1. Einführung eines automatischen Nachhaltigkeitsmechanismus zur langfristigen Sicherung des Pensionssystems. Dabei wird im Falle des Anstiegs der Lebenserwartung um mehr als sechs Monate und gleichzeitig sinkender Einnahmen-Ausgabenquote in der Pensionsversicherung (derzeit 75%) um mehr als einen Prozentpunkt der Sozialminister per Verordnung die daraus entstehende Mehrbelastung des Pensionssystems gleichmäßig nach folgenden fünf Kriterien verteilen: - Anhebung des Regelpensionsalters - Anhebung der Pensionsversicherungsbeiträge - Neufestlegung der Pensionshöhe (Kontoprozentsatz) - Korrektur der jeweiligen Pensionserhöhung - Erhöhung des Bundesbeitrages zu den Pensionen
  2. Verlängerung der Langzeitversichertenregelung ("Hacklerregelung") im Übergangsrecht bis 31. Dezember 2013
  3. Anrechnung von Krankengeldbezugszeiten bei der Langzeitversichertenregelung
  4. Berücksichtigung von Ausübungsersatzzeiten nach dem BSVG und GSVG bei der Langzeitversichertenregelung
  5. Sistierung einer Beitragserhöhung nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz mit Wirksamkeit bis 31. Dezember 2010. Buchinger und Bartenstein: "Mit dieser Einigung ist es gelungen, die nachhaltige Finanzierung des Pensionssystems sicher zu stellen".


Wenige Tage später, am 01.06, trat das SPÖ-Präsidium zusammen, wo - unter anderem - auch über das Thema Pensionen debattiert wurde. SPÖ-Vorsitzender Bundeskanzler Alfred Gusenbauer erklärte nach der Sitzung, das Präsidium sei der Auffassung, daß auf Basis der vorgelegten Vorschläge eine letztendliche Entscheidung unter Einbeziehung des Parlaments erfolgen müsse. Damit sei "die politische Ebene" gegeben, so Gusenbauer. Nach den bisherigen Vorschlägen hätten Sozial- und Finanzminister alleine durch Verordnung entscheiden können; die SPÖ lege aber Wert darauf, daß die Letzt-Entscheidung beim Parlament liege - das sei ein guter Weg, so der Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender.
Angesprochen auf mögliche Reaktionen des Koalitionspartners auf diese Forderung sagte Gusenbauer, er glaube kaum, dass sich angesichts der Diskussion um die Stärkung des Parlaments jemand dem entziehen könne.

Die ÖVP sieht dies aber ganz anders. ÖVP-Regierungskoordinator Josef Pröll erklärte in einer ersten Reaktion, die ÖVP wolle, daß auch jene Menschen, die heute arbeiten und in die Pensionskassen einzahlen, später mit einer fairen Pension rechnen könnten. Man bestehe darauf, dass es zentrale Verantwortung der Regierung sowie insbesondere des Sozialministers bleibe, für die nachhaltige Sicherung unseres Pensionssystems zu sorgen. Trotzdem das SPÖ Parteipräsidium offensichtlich versucht habe, dem Bundeskanzler und seinem Sozialminister Buchinger das Heft aus der Hand zu nehmen, gehe die ÖVP weiterhin davon aus, daß der Bundeskanzler die Stärke habe, zu seinem Wort zu stehen. Die ÖVP erwarte, daß Sozialminister Buchinger beim nächsten Ministerrat das fertig vereinbarte Paket einbringe, wo es unverändert beschlossen werden könne. So sei es zwischen den beiden Chefs Gusenbauer und Molterer ausgemacht. Diese Zusagen sollten auch eingehalten werden.

FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl erklärte Buchingers Pensionspläne zu „einem klassischen Bauchfleck“: Es sei nichts anderes als die Fortsetzung der Serie von gebrochenen Wahlversprechen der SPÖ. Es zeige nur ein weiteres Mal das Unvermögen der SPÖ sich gegen die ÖVP durchzusetzen. Kickl bezeichnete die Regierungspläne als eine Ansammlung von Hintertüren, mit denen einzig die Interessen der Arbeitnehmer immer weiter ausgehöhlt würden. Rot und Schwarz würden „die Menschen dem Diktat der Wirtschaftsinteressen unterordnen“.

BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz erklärte, „in größter Not eilig einberufene Sonderpräsidium der SPÖ“ zeige, daß nach den Umfallern der letzten Monate und Jahre, dieser am Boden liegenden Partei die letzten Wähler bereits davongelaufen seien. Der beste Weg für die Sozialdemokratie und die Zukunft unseres Landes wäre es, wenn die SPÖ sich standhaft und ehrlich zu einem Austausch der von Abgehobenheit und Präpotenz zerfressenen Regierungsmannschaft entschließe.

Zwei Szenarien sind - nicht nur aus heutiger Sicht - auszuschließen:

  1. Das SPÖ-Präsidium zieht seinen Beschluß, die Entscheidung dem Parlament zu übertragen, zurück,
  2. die ÖVP beugt sich und verzichtet auf die Einhaltung der bereits vereinbarten Grundzügen zum Pensionspaket.


Wie diese innenpolitische Pattsituation in dieser so wesentlichen und schon seit langem auch emotional besetzten Frage gelöst werden soll, werden wir wohl so bald nicht erfahren. Denn es wird in den nächsten drei Wochen - während der Fußball-Europameisterschaft - zu keiner offenen Auseinandersetzung kommen. (mm)

http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2008/0508/W4/32905nso.htm
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2008/0508/W4/10206Ppensionen.htm

 
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