Abschied von Helmut Zilk  

erstellt am
10. 11. 08

Trauersitzung im Wiener Rathaus: Wien hat "Stadtvater" verloren – Requiem für Wiener Altbürgermeister Helmut Zilk – Begräbnis: Von "lieber Papa" zu "Bruder Helmut"
Wien (rk) - "Ich bin gewohnt an dein Gesicht" aus dem Stück "My Fair Lady", gesungen von den Wiener Sängerknaben, mit einer sichtlich gerührten trauernden Dagmar Koller beendete am 08.11. Mittag die bewegende Trauersitzung aus Anlass des verstorbenen Altbürgermeisters Dr. Helmut Zilk im Festsaal des Rathauses. Wien habe einen Stadtvater verloren, er selbst einen zweiten Vater, so Wiens Oberhaupt Dr. Michael Häupl, der als erster vor das Redenerpult trat, um Abschied zu nehmen. Vor rund 1.000 geladenen Trauergästen, darunter Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Medien, Heer und Kirche, erinnerten sich auch Ex-ORF- Intendant Dr. Gerd Bacher, Tschechiens ehemaliger Präsident Václav Havel und zuletzt Bundespräsident Heinz Fischer an die vielfältigen Begegnungen, Begabungen und Taten Zilks, der im 81. Lebensjahr am 24. Oktober gestorben ist. Gemeinsamer Tenor: Ein großer Mann mit ebenso großer Liebe für Wien, wie auch für Österreich ist nicht mehr.

Die rund 50minütige Trauersitzung eröffneten die Wiener Sängerknaben mit "Ave Verum". Häupl unterstrich die vielen Leistungen Zilks für die Bundeshauptstadt, von der Donauinsel bis zum Jüdischen Museum. Auch seine Verdienste um politische Verständigung in Zeiten des Eisernen Vorhangs wurden angesprochen, "Zilk habe wesentliche Vorarbeiten für das europäische Haus geleistet". Auch nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik habe er, Häupl, mit Zilk immer wieder "wichtige Gespräche" führen können. Mit Zilk habe Wien nicht nur einen außergewöhnlichen Menschen verloren, auch die Familie haben einen " umsichtigen Vater und guten Ehemann verloren", so Häupl in Richtung der trauernden Familie.

Bacher, zweifacher ehemaliger ORF-Generalintendant, fasste in seiner bekannt metaphernreichen Sprache Zilks Leben und Wirken vor allem aus medialer Perspektive zusammen, "Ich lebe auf Abruf", soll Zilk beim letzten Gespräch mit Bacher erwähnt haben. Bacher unterstrich seine Wertschätzung gegenüber Zilks Eigensinn, dessen Begeisterungsfähigkeit, Klarheit und Zivilcourage. Vor allem aber, so Bacher, sei er immer wieder verblüfft über die "unendlich vielen Kontakte Zilks gewesen." Dies spreche für die Person und den Kollegen, der kein "Gutmensch im Sinne der Political Correctness" gewesen sei. Die vom ORF initiierten "Stadtgespräche" mit Zilk als Moderator zu Zeiten des Eisernen Vorhangs seien "europäische Uraufführungen" gewesen, die so manchem "Bonzen in Osteuropa die Luft geraubt hätten". Auch das Bombenattentat habe Zilk nicht untergekriegt, ein Beweis mehr für dessen Lebensfreude und Tatkraft. "Zilk wollte nicht nur respektiert, er wollte geliebt werden", schloss Bacher.

Er nehme Abschied von einem Freund, betonte Václav Havel, der daran erinnerte, dass der Eiserne Vorhand sicherlich von beiden Seiten, also von Bürgerrechtsbewegungen im Osten, wie auch durch couragierte Politik im Westen "angebohrt" worden sei. Bundespräsident Heinz Fischer, der die letzte Trauerrede hielt, erinnerte an die gemeinsame Zeit von Zilk und ihm als Minister in der Regierung Sinowatz im Jahr 1983. Zilk habe sich nicht nur kommunalpolitische Lorbeeren verdient, auch für das Bundesheer habe er vieles mit seiner Berufung der Leitung des Heeresreformgruppe, geleistet. Auch seine klare und eindeutige Ablehnung jedweden Totalitarismus, des Nationalsozialismus im Besonderen, erwähnte Fischer angesichts der Wiederkehr des NS- Progroms von 1938.
   

Requiem für Wiener Altbürgermeister Helmut Zilk
Ergreifend war das Requiem für Altbürgermeister Helmut Zilk, das am Samstag um 14.00 Uhr im Wiener Stephansdom stattfand. Kardinal Dr. Christoph Schönborn erinnerte an Zilks Liebe zu den WienerInnen, Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer hielt eine Trauerrede und auch OSR i.R. Dr. Kurt Scholz verabschiedete sich von seinem "guten Freund" (siehe hier>). Für die Bevölkerung gab es auf der Außenseite des Doms die Möglichkeit bei der Trauerfeier via Videowall beizuwohnen.

Bewegende Ansprachen, berührende Musik
Schönborn unterstrich Zilks Beliebtheit bei den WienerInnen, die er vor allem durch viele kleine Gesten der Aufmerksamkeit erhalten hätte. Er selbst habe einst gesagt "Große Überlegungen seien wichtig, Pläne seien wichtig, Netzwerke seien wichtig, aber unersetzlich bleibe die persönliche Zuwendung und Liebe." Diese Tage des Abschieds würden zeigen, dass seine Zuwendung zu den Menschen nun tausendfach zurückkäme.

Gusenbauer fragte in seiner Trauerrede danach, was jenseits aller Errungenschaften, aller Leistungen die spirituelle und moralische Botschaft von Helmut Zilk sei. Zu verzeihen, versöhnen und zu vergeben sei stets sein Motto gewesen und wenn man Bilanz ziehen müsste über sein Leben - über Zilk, dem "wandelnden Ombudsmann als Bürgermeister, dem keine kleine Sorge der Menschen zu groß war" - so sei diese Bilanz die Liebe.

Scholz hob vor allem Zilks Persönlichkeit hervor. Der Altbürgermeister habe es als schrecklich empfunden, Menschen gleichgültig zu begegnen. Deshalb sei er Menschen stets "kalt und heiß, aber nie lau" gegenüber getreten. Scholz verabschiedete sich mit den Worten "Deine Taten und Werke sind bei uns, deiner Seele möge Gott sich annehmen".

Den Abschluss des Requiems, das sich durch berührende Stücke großer Meister, darunter etwa Mozarts "Lacrimosa", auszeichnete, bildete der Donauwalzer von Johann Strauß. Der Walzer sei ungewöhnlich aber dennoch passend für Zilks Begräbnis, ist er doch die "Visitenkarte des Wienerischen".
   

Rund 6.000 Menschen bei Trauerfeierlichkeiten am Samstag - Würdiger Abschied bei Fackelglanz am Zentralfriedhof
Kurz nach 17.00 war es am Nachmittag des 08.11. soweit: Die Totenglocke vom Tor 2 des Zentralfriedhofes, bald unterstützt vom Glockengeläut der Lueger-Kirche kündigte den "letzten Gang" des verstorbenen Altbürgermeisters Helmut Zilk an. Tausende Trauernde zur linken und rechten Seite in Dreier- bis Viererreihen, Fackelglanz und die Trauermusik der Garde des Bundesheeres bereiteten eine würdig-ernste Atmosphäre für das letzte Geleit. Hinter der Garde dann Kardinal Christoph Schönborn mit Ministranten, drunter übrigens fünf Ministrantinnen, danach - eindrucksvoll-schaurig - die schwarze Kutsche mit Vierergespann und dem Sarg des Verstorbenen, verhüllt mit dem Wappen Wiens. Danach der große Zug an Trauergästen, angeführt von der trauernden Familie.

Beim eigentlichen Grab hielt der Sohn von Zilk, Thomas, eine persönlich gehaltene Grabrede. Zwei Tage nach dem Tod seines Vaters habe er mit seinen beiden Kindern die erste Wohnung seines Vaters in der Lange Gasse aufgesucht, ehemals eine bescheidene Unterkunft. "Alles was er geworden ist, hat er sich erarbeitet", betonte Thomas Zilk, der der Stadt Wien für die würdige Zeremonie, die am Donnerstag, mit der Aufbahrung Zilks in der Volkshalle ihren Anfang nahm, dankte. Mut, Geistesschärfe, Autorität und sehr viel Mitgefühl für die Menschen hätten den Lebensweg seines Vaters geprägt. "Papa, ich habe dich lieb", waren die letzten Worte der Rede, zuvor gab es noch persönlichen Dank an die Witwe Dagmar Koller, die "seinem Vater auch in den schwersten Zeiten treu zur Seite gestanden habe." Dann der letzte Akt: "Bruder Helmut", so Schönborn bei der Grabessegnung, wurde während der 2. Strophe des Liedes "Ich hatte einen Kameraden", gespielt von der Gardemusik, langsam ins Grab gesenkt.

Insgesamt haben am Samstag rund 6.000 Menschen an den Trauerfeierlichkeiten rund um Helmut Zilk teilgenommen. Der Tag hatte zu Mittag im Rathaus mit einer Trauerfeier in Anwesenheit von Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Medien, Heer und Kultur begonnen. Bürgermeister Michael Häupl betonte, dass Wien mit Zilk einen "Stadtvater", er selbst einen "zweiten Vater" verloren habe. Ex-ORF-Intendant Gerd Bacher, Tschechiens ehemaliger Präsident Václav Klaus und Bundespräsident Heinz Fischer erinnerten in ihren Reden an weitere Facetten des weithin bekannten Wiener Bürgermeisters.

Helmut Zilk (1927 - 2008) ist in einem Ehrengrab am Zentralfriedhof begraben. Vom Tor 2 kommend, findet man sein Grab linker Hand von der Bundespräsidenten-Gruft wenige Meter davon entfernt. Eine umfangreiche Kranzreihe, vom Bundespräsidenten und der Bundesregierung über die Wiener Stadtregierung, von Aufschriften, wie "In tiefer Dankbarkeit - Life Ball" und "Einem Freund letzte liebe Grüße, Familie Dichand" bis zu "Fredy Quinn" zeigen die Bandbreite des Wirkens und Lebens von Zilk an.
     
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