"Rettungsschirm" für den Euro  

erstellt am
10  05. 10

Wien (öj) - Die heftige Debatten um eine finanzielle Unterstützung Griechenlands, das ja durch völlig verfehlte Finanzpolitik in massivste Zahlungsschwierigkeiten geraten war, sind ein wenig in den Hintergrund gerückt, wenn auch die Lösung der Probleme des Euro-Landes eben erst im Ansatz erkennbar scheint. Die ganze Welt spricht nun von einem 750 Milliarden-Paket zur Rettung des Euro, der nicht zuletzt wegen Spekulationen um die Währung an sich, wegen der Rückstufung Griechenland durch amerikanische Rating-Agenturen und ein möglicherweise bevorstehendes Szenario für Spanien und Portugal notwendig geworden war.

Über Zeitpunkt, über die Höhe und über die Art des Zustandekommens dieses Hilfspakets für den Wirtschaftsraum Europa gibt es verschiedene Positionen. Die großen "Volksparteien" der Euro-Staaten und die Wirtschaft jedenfalls sehen einen wesentlichen Schritt gesetzt - wie auch die Kursfeuerwerke der internationalen Börsen zeigten. Die Börsen werden sich am 11.05. wieder beruhigen, doch dürfte ein wesentliches Zeichen international angekommen sein: Europa läßt sich seine Währung nicht kaputtmachen.

Nicht auszudenken, was Unschlüssigkeit bzw. Nicht-Handeln am Weltmarkt für Auswirkungen gehabt hätte. Und eben dieses versuchte Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) heute, 10.05., in mehreren Interviews klarzumachen. Er war aufgebraucht von den bis in die frühen Morgenstunden andauernden Verhandlungen höchstrangiger Vertreter der EU und der Euro-Gruppe, aber sichtlich zufrieden, daß es zu einer Einigung in Brüssel gekommen war.

Insgesamt stehen 750 Milliarden Euro für den sogenannten "Rettungsschirm" zur Verfügung. Bilaterale Garantien stehen in der Höhe bis zu 440 Milliarden Euro zur Verfügung. Für Österreich macht das einen Haftungsrahmen von 12 bis 13 Milliarden Euro aus. Das sei ein klares Signal der Europäischen Union und der Euro-Gruppe in der Frage der Stabilität unserer Währung, so Pröll. Vom Internationalen Währungsfonds kommen bis zu 250 Milliarden Euro an Garantien, die Europäische Zentralbank will mit dem Kauf privater und staatlicher Anleihen zusätzlich stabilisierend auf den Markt eingreifen. Und bis zur EU-Finanzminister-Sitzung am 18. Mai müssen Spanien und Portugal bedeutende Konsolidierungsmaßnahmen für 2011 und 2012 präsentieren.

In einer kurzen Stellungnahme begrüßte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) die geglückte Aktion zur Sicherung des Euro, hoffte aber unter einem, daß es vergleichbare Einigkeit beim Vorgehen gegen den "Sozialabbau" gebe. SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer erklärte, die gemeinsame Währung müsse zwar "auf Biegen und Brechen" gegen die Spekulanten verteidigt werden, dennoch dürfe die soziale Gerechtigkeit nicht im Meer der Hilfsmaßnahmen und Krisenpakete untergehen. Die Menschen reagierten zurecht mit Ärger, wenn die EU ständig Ressourcen mobilisieren müsse, um das, was Spekulationen angerichtet hätten, wieder auszubügeln. Ohne Konsequenzen dürften die Spekulations-Attacken des Finanzmarktes nicht bleiben: Eine neue Finanzmarktarchitektur sei unumstößlich und dringend notwendig, so Krainer.

Die Opposition sieht sich zumindest in der Meinung geeint, daß die Hilfsaktion völlig an der Realität vorbeiginge und im Grunde nicht die gewünschte Wirkung zeitigen werde.

Der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer, erklärte, das sogenannte Rettungspaket als unverantwortlich. Auch wenn es sich bei einem Großteil um Haftungszusagen handle, so sei nicht auszuschließen, daß das dicke Ende noch kommen werde - nämlich dann, wenn diese Haftungszusagen schlagend würden". Außerdem machte Mölzer auf den Umstand aufmerksam, daß zwar für Griechenland oder die Rettung von Banken Milliardenbeträge aufgewendet würden, nicht aber für Investitionen in Österreich: Gehe es beispielsweise um die Sicherung des heimischen Pensionssystems, die Familienförderung oder um die Errichtung von Kindergärten und neuen Schulen, dann heiße es immer, es sei kein Geld da, weil die Staatskassen leer wären, kritisierte Mölzer.
Hier werde eine nicht zu bewältigende Hypothek für unsere Kinder und Kindeskinder geschaffen, die Zukunft unserer Nachkommen in Europa werde verraten und verkauft.

BZÖ-Bündnisobmann Klubobmann Josef Bucher erklärte, wenn man die von ÖVP-Finanzminister Pröll zugesagten Finanzmittel von 12,6 Milliarden Euro, das Griechenland-Paket in der Höhe von 2,3 Milliarden und den Anteil Österreichs an der erhöhten IWF-Finanzierung von 3,375 Milliarden zusammenzähle, dann drohe Österreich eine finanzielle Maximalbelastung von derzeit 18,275 Milliarden Euro. Das entspriche fünf großen Steuerreformen, sei inakzeptabel und ein finanzpolitisches Harakiri. Der österreichische Steuerzahler solle derzeit die Welt retten, aber wer rette den österreichischen Steuerzahler? Die jetzige Vorgangsweise sei unverantwortlich. Bucher fordert, die Spekulanten sollten die Rechnung für ihre Angriffe selbst bezahlen. Eine EU-weite Spekulationssteuer sei das Gebot der Stunde und würde massiv zur Stabilisierung und Finanzierung der Euro-Zone beitragen.
Bucher kündigt auch eine Klage beim Gerichtshof der Europäischen Union wegen einer Verletzung des Vertrags von Lissabon an.

Ulrike Lunacek, Europa-Abgeordnete der Grünen, kommentierte, jetzt hätten es die Staats- und RegierungschefInnen und die FinanzministerInnen hoffentlich endlich verstanden, dass der freie Finanzmarkt ohne strenge Regeln gegen Spekulation und eine Währungsunion ohne Wirtschaftsregierung die gesamte hart erkämpfte Gemeinschaftspolitik bedrohe. Denn laut der spanischen Ratsvorsitzenden Elena Salgado hätten sich die Finanzminister neben dem Euro-Schutzschirm auch für schnelle Fortschritte bei der Regulierung der Finanzsysteme und mehr Aufsicht, insbesondere des Derivatenmarktes, ausgesprochen. Salgado habe zudem die Prüfung einer Finanztransaktionssteuer verlangt. Lunacek verlangt zudem die Schaffung einer eigenen europäischen Ratingagentur und eine gemeinsame Finanzmarktaufsicht, die den Namen verdiene. Um den Geburtsfehler von Maastricht, eine Währungsunion zu schaffen ohne gleichzeitig eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zu ermöglichen, endlich zu beheben, sieht Lunacek die Etablierung einer europäischen Wirtschaftsregierung unumgänglich.
     
Siehe:   Euro-"Rettungsschirm" beschlossen hier >    
 
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