erstellt am
08. 08. 11

Scheuch zu Haftstrafe verurteilt
Wie der ORF am 02.08. meldete ist Kärntens Landeshauptmann-Stellvertreter und FPK-Obmann Uwe Scheuch vom Landesgericht Kärnten zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, sechs davon unbedingt. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte Scheuch das Verbrechen der Geschenkannahme durch Amtsträger vorgeworfen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der von der Korruptionsstaatsanwaltschaft geortete Tatbestand der Geschenkannahme sei erfüllt, begründete Richter Christian Liebhauser-Karl das Urteil. Er verwies auf ein Tonbandprotokoll, das von niemandem bestritten worden sei, so Liebhauser-Karl. Für den Richter handelt es sich auch nicht um ein abstraktes, sondern um ein konkretes Amtsgeschäft. Dieses besteht für ihn darin, dass es bei Projekten naturgemäß um Förderzusagen geht, die zwingend mit der Bewilligung durch die Landesregierung verbunden ist.

Die Höhe der Strafe von 18 Monaten teilbedingt begründete der Richter mit der "Generalprävention". Es gehe darum, andere von solchen Taten abzuhalten, so Liebhauser-Karl. Zudem habe Scheuch bis zum Schluss seine Handlungen "bagatellisiert".

Der Verteidiger Scheuchs, Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer, hatte einen Freispruch beantragt, mit der Begründung, sein Mandant sei nie in der Position gewesen, in ein Staatsbürgerschaftsverfahren einzugreifen. Scheuchs Verteidigung hat volle Berufung angemeldet.

Scheuch soll im Juni 2009 für das Beschaffen einer Staatsbürgerschaft für einen Russen Geld für die Parteikasse verlangt haben. Damals gehörten die Kärntner Freiheitlichen noch zum BZÖ. Das Gespräch wurde auf Tonband aufgezeichnet. In diesem Gespräch ist der bekannte Satz gefallen, die Staatsbürgerschaft sei bei ausländischen Investoren "part oft he game".

Die Korruptionsstaatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer gemeint, mit solcher Deutlichkeit und Unverblümtheit wie Uwe Scheuch habe noch nie ein hoher Amtsträger öffentlich wahrnehmbar einen Vorteil verlangt und sich als bestechlich erwiesen. Offenbar konnte sich der Richter dieser Argumentation weitgehend anschließen.

In einem offenen Brief wandte sich Uwe Scheuch wenige Tage nach der Urteilsverkündung "an die 580.000 Kärntnerinnen und Kärntner", denen er sich mit seiner Arbeit und seiner Funktion verpflichtet fühle, nachdem sowohl das Gericht als auch die Medien die Rechtslage, die Fakten und vor allem seine persönliche Sichtweise und Erklärung vollkommen ignoriert hätten, und wohl auch künftig ignorieren würden. Er habe stets aus tiefster Überzeugung und mit dem Anspruch von Recht und Anstand versucht, im Interesse des Landes und in der Verantwortung als Parteiobmann zu agieren. Nach dem plötzlichen und schrecklichen Unfalltod von LH Dr. Jörg Haider, der über 30 Jahre von den Medien, den politischen Mitbewerbern und anderen Institutionen verfolgt worden sei, habe "diese linke Jagdgesellschaft" nun wohl ihm diese Rolle übertragen. Seit nunmehr bald 2 Jahren werde er wegen eines Vorwurfs diffamiert, kritisiert und vorgeführt, der jeglicher Grundlage entbehre: Er habe mit einem ehemaligen Parteifreund ein privates Gespräch geführt, bei dem er geheim und verbotenerweise abgehört worden sei. Es einen im Zuge dieser Unterhaltung allgemein, theoretisch und vollkommen unverbindlich verschiedenste Dinge besprochen worden.

Es habe keinen konkreten Russen, keine konkrete Staatsbürgerschaft, kein konkretes Projekt, keine konkrete Förderung und auch keine konkrete Spende gegeben und gebe es auch nicht. All das habe nie stattgefunden! Trotzdem habe man ihn vor Gericht gestellt, habe jegliche Argumente und Fakten ignoriert und ihn zu einer drakonischen Strafe verurteilt. Seine Person, seine Familie, seine Freunde und sein gesamtes Umfeld seien zu Freiwild erklärt worden.

Und trotzdem, oder vielleicht genau deshalb, werde er nicht weichen. Er sei unschuldig und habe nichts getan, erklärte Scheuch.

Vizekanzler, Außenminister und ÖVP-Chef Michael Spindelegger lässt im Interview mit der Tageszeitung "Österreich" keinen Zweifel daran aufkommen, was er von der mangelnden politischen Sauberkeit der Freiheitlichen hält.
Der Skandal rund um die Korruptionsvorwürfe gegen Ernst Strasser ist sicher noch vielen in Erinnerung. Wenige Stunden, nachdem das belastende Video aufgetaucht war, sei Ernst Strasser von seinem Mandat zurückgetreten und habe die ÖVP-Mitgliedschaft ruhend gestellt - und das obwohl der damalige ÖVP-Chef Josef Pröll schwer erkrankt im Spital gelegen war. FPÖ-Chef Strache habe sich trotz der erstinstanzlichen Verurteilung seines Kärntner Parteichefs nicht im Urlaub auf Ibiza stören lassen. Und der Kärntner FP-Chef Uwe Scheuch denke nicht einmal jetzt an Rücktritt.
Wenn man aber zu solch einer Straftat verurteilt werde, und dazu mit diesem Strafausmaß, auch wenn es nicht rechtskräftig sei, dann liege ein solcher Schritt schon sehr nahe. Für die Hygiene in der Politik wäre ein solches Zeichen sicherlich etwas Gutes. Das letzte Wort habe aber der Wähler: Das müssten die Freiheitlichen am Ende mit sich selber ausmachen und es vor ihren Wählern verantworten, so Spindelegger.

Für SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim ist die erstinstanzliche Verurteilung Uwe Scheuchs in der Affäre um die illegale Beschaffung von Staatsbürgerschaften gegen Parteispenden für die Kärntner Freiheitlichen ein positives Zeichen. Das Verfahren zeige, dass die österreichische Justiz, insbesondere auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft, auch in politisch brisanten Fällen unabhängig und effektiv arbeite. Die Reaktionen der FPK auf das erstinstanzliche Urteil zeugten von einem "äußerst problematischen Verhältnis zu rechtsstaatlichen Prinzipien". Die FPÖ übe sich einmal mehr in einer ihrer Lieblingsdisziplinen, der "Opfer-Täter-Umkehr", so der SPÖ-Justizsprecher.

Auffallend sei der Unterschied zur Behandlung früherer Vorwürfe gegen Scheuch, sagte Jarolim. 2006 sei ein Ermittlungsverfahren gegen Scheuch wegen Versicherungsbetrugs unter undurchsichtigen Verhältnissen eingestellt worden. All diese Zusammenhänge zeigten "die problematische Herangehensweise vieler Akteure von FPK/BZÖ/FPÖ an politische Verantwortung. Es entsteht vielmehr der Eindruck, dass Korruption dort 'part of the game' zu sein scheint", so Jarolim.

Der freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl sprach von einer "Politjustiz der übelsten Sorte gegen einen Unbescholtenen und Unschuldigen". Dieses Fehlurteil werde als Schandfleck in die Geschichte der Justiz eingehen. Vor den Augen der Öffentlichkeit sei hier klar politisch-motiviert versucht worden, die Freiheitlichen in der Person von Uwe Scheuch zu kriminalisieren, weil sie demokratisch durch die Regierung nicht in den Griff zu bekommen seien.
Der Richter sei offenbar von Anbeginn an von seiner Verurteilungsabsicht regelrecht besessen gewesen und habe das Urteil wohl schon fix und fertig mitgebracht. Anstatt nach Gerechtigkeit zu suchen habe er den Willen der Politisch-Etablierten in Österreich im Gerichtssaal eiskalt vollzogen.
In seiner ganzen Verhandlungsführung habe der Richter den Kern der Rechtsfrage beharrlich negiert und jedes einzelne der vielen Argumente der Entlastung eiskalt abgewiegelt. So etwas komme sonst nur in totalitären Regimen vor, so Kickl, der die Seriosität der gesamten österreichischen Justiz durch das skrupellose Agieren gewisser Kreise nun endgültig massiv bedroht sieht.

Der geschäftsführende Obmann des BZÖ-Kärnten, NR-Abg. Sigisbert Dolinschek, fragte, wo die Verantwortung von Landeshauptmann Gerhard Dörfler für das Land Kärnten bleibe. Dieser solle für klare Verhältnisse und Ordnung sorgen. Dörfler sei genauso wie sein Bundesparteichef Strache gefordert, zu handeln und dem Land Kärnten weiteren Schaden durch Uwe Scheuch zu ersparen. Dolinschek kritisierte auch die halbherzige Reaktion von ÖVP-Kärnten-Obmann Josef Martinz: Nach der FPK-Wiedervereinigung mit der FPÖ habe die ÖVP keine Sekunde gezögert, mit der FPÖ in einer Koalition zu sitzen und auch jetzt scheint Martinz lieber an seinem Sessel zu kleben, als Rückgrat zu beweisen. Wenn die ÖVP-Kärnten nur noch ein wenig Rückgrat besitzen würde, dann wüsste Martinz, was er zu tun habe. Das Bucher-BZÖ sei und bleibe die einzige anständige Partei in Kärnten. Die Kärntnerinnen und Kärntner würden Dörfler und Martinz am Wahltag die Rechnung dafür präsentieren.

Der stellvertretende Klubobmann der Grünen, NAbg. Werner Kogler, forderte FPÖ-Obmann Strache einmal mehr auf, den Kärntner FPK-Chef "endlich zum Rücktritt zu zwingen": Indem sich Strache freiwillig hinter diesen Staatsbürgerschaftshändler und Polit-Strizzi stelle, habe er sich in Scheuchs Geiselhaft begeben, so Kogler. Er kritisiert auch den "heiligen Krieg", den die FPÖ/FPK-Brüder gegen die Justiz ausgerufen hätten.
Strache, Scheuch und die blaue-Meute würden die alte Masche der Täter-Opfer-Umkehr betreiben. Entweder wolle Strache dem Treiben Vorschub leisten oder er sei selbst Getriebener des eigenen brüllenden Haufens. Wenn Strache jemals wieder politisch ernst genommen werden wolle, müsse er die Notbremse ziehen und die eigenen Einpeitscher in die Schranken weisen und sich von Scheuch und der Kärntner "Bar-aufs-Handerl"-Partie wieder trennen. In diesem Zusammenhang fordern die Grünen die FPÖ neuerlich auf, ihre Parteifinanzen offenzulegen.

Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler bezeichnete das Urteil gegen Scheuch in einer ersten Reaktion als ein unerwartetes und krasses Fehlurteil und teile, wie er sagte, damit die Einschätzung vieler Rechtsexperten. Dörfler geht nicht davon aus, dass das Urteil in dieser Form vor dem Oberlandesgericht in Graz halten werde. Daher sei für ihn auch klar, dass jemand, der nicht rechtskräftig verurteilt sei, von niemandem zum Rücktritt aufzufordern sei. Denn im Rechtsstaat würden der Instanzenzug und die Rechtskraft einer Entscheidung für alle Bürger gleich gelten.
     
Siehe hier:
Urteil im Scheuch-Prozess vom 02.08.
Nach dem Urteil im Scheuch-Prozess vom 03.08.
Nach dem Urteil im Scheuch-Prozess
vom 08.08.
   
     
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