Wehrpflicht / Zivildienstersatz  

erstellt am
14. 09. 12

Hundstorfer: Verhandlungen mit Trägerorganisationen auf sehr gutem Weg
Die für das "Freiwillige Soziale Jahr" entwickelte Kollektivvertragsbasis sieht einen Bruttolohn von 1.389 Euro vor, abgegolten mit 14 Monatsgehältern.
Wien (bmask) -
"Wir haben heute sehr innovative und konstruktive Gespräche geführt und sind, was die Entscheidung über den Zivildienstersatz angeht, auf einem sehr guten Weg. Ich bin zuversichtlich, dass wir Anfang Oktober ein konkretes und für alle zufriedenstellendes Modell präsentieren können", zeigt sich Sozialminister Rudolf Hundstorfer am 13.09. nach der ersten Verhandlungsrunde mit den Trägerorganisationen optimistisch.

Die für das "Freiwillige Soziale Jahr" entwickelte Kollektivvertragsbasis sieht einen Bruttolohn von 1.389 Euro vor, abgegolten mit 14 Monatsgehältern. Als Mindestalter wird das vollendete 18. Lebensjahr vorausgesetzt, Personen mit Pensionsbezug sind ausgeschlossen. Das vorgeschlagene System richtet sich in erster Linie an Menschen, die im Erwerbsleben stehen und für die Dauer eines Jahres freiwillige Dienste leisten wollen. Inwiefern die Tätigkeit beim Sozialen Jahr für zukünftige Ausbildungen angerechnet werden kann, ist noch abzuklären. Weitere Gespräche mit den Trägerorganisationen, bei denen noch offene "technische Fragen" diskutiert werden sollen, sind für Ende September angesetzt.

"Jetzt gilt es, diesen konstruktiven Dialog vernünftig fortzuführen und alle Zahlen und Fakten nochmals in Ruhe durchzugehen, sodass wir im Falle der Abschaffung der Wehrpflicht, von der ich ausgehe, der Öffentlichkeit ein vernünftiges Ersatzmodell für den Zivildienst präsentieren können", so Hundstorfer.

 

 Khol: "Freiwilliges"-Sozialdienstmodell wäre verfassungs- und EU- widrig!
Sozialminister diskriminiert Senioren in seinem "Freiwilligen"-Modell
Wien (seniorenbund) - "Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat sich also festgelegt: Wenn die Wehrpflicht und mit ihr der Wehrersatzdienst wider Erwarten fallen solle, so will er ein freiwilliges Ersatzmodell anbieten, das allen offen steht. Allen, außer den Pensionisten! Das ist eine inakzeptable Diskriminierung der Pensionisten - es ist verfassungswidrig, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe vom Arbeitsmarkt auszuschließen", erklärt Dr. Andreas Khol, Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes.

Art 21 der Grundrechtscharta der Europäischen Union, die in Österreich auch im Verfassungsrang gilt, verbietet auch die Ungleichbehandlung aus Altersgründen:

"Art. 21 - Nichtdiskriminierung (1): Diskriminierungen, insbesondere... des Alters... sind verboten". Auch die Europäische Menschenrechtskonvention und die österreichische Bundesverfassung verbieten die Altersdiskriminierung. Wenn Pensionistinnen oder Pensionisten in der Lage sind, die geforderte Sozialarbeit zu leisten, was insbesondere bei Pflege und Betreuung unbestritten ist, dürfen sie nicht vom Sozialdienst gesetzlich ausgeschlossen werden.

"Wir sind überzeugt, dass die Bevölkerung zugunsten des Wehrdienstes entscheidet, halten aber fest: Auch wenn die Wehrpflicht fällt, so gilt dennoch die Verfassung! Ein Ersatzmodell muss verfassungskonform und daher auch für die Pensionisten offen sein. Hundstorfer möge sich auch in Deutschland erkundigen. Der dortige Bundesfreiwilligendienst (bufdi) wird zu einem beträchtlichen Teil von den Senioren erledigt. Ohne die älteren "bufdis" wären die nötigen Kapazitäten nicht erreicht worden! In Deutschland weiß man: Rüstige Pensionisten können diesen Job bestens bewältigen", so Khol abschließend.

 

Fenninger: Soziales Jahr birgt große Chancen, aber viele Fragen sind offen
Volkshilfe-Bundesgeschäftsführer fordert Arbeitsgruppe für neue Modelle.
Wien (volkshilfe) - "Die Volkshilfe begrüßt, dass das Sozialministerium ein Alternativmodell zum Zivildienst vorgelegt hat", sagt Mag. (FH) Erich Fenninger, Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe Österreich, anlässlich der bevorstehenden Volksbefragung zu Abschaffung bzw. Weiterführung der Wehrpflicht. "Denn es darf keinesfalls zu einer Abschaffung der Leistungen kommen, die Zivildiener bisher erbracht haben", so Fenninger weiter.

Aus Sicht der Volkshilfe zeichnen sich eindeutige Vorteile für ein neues Modell ab:

  • Förderung sozialen Lernens und der Solidarität zwischen den Generationen
  • Bezahlung, die es auch einkommensschwachen Gruppen ermöglicht, das Soziale Jahr wahrzunehmen
  • Gleicher Zugang für Männer und Frauen


Fenninger spricht aber auch Bedenken und offene Punkte an: "Positiv ist, dass der Zwang zum Zivildienst wegfällt. Es darf aber nicht zu einer Pflicht für BezieherInnen von Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung werden, ein Arbeitsverhältnis im Zuge eines Sozialen Jahres anzunehmen. Wichtig wird auch sein, dass es Alternativen für Organisationen gibt, die nicht per se soziale Dienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel Menschenrechtsorganisationen."

Fenninger fordert eine Arbeitsgruppe unter Einbindung der Trägerorganisationen, um offene Fragen wie beispielsweise Planungssicherheit für Trägerorganisationen, Logistik und Zielgruppendefinition zu bearbeiten.  


 

Brandstätter: Chancen und Risiken müssen offen diskutiert werden
Lebenshilfe fordert interministerielle Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Trägerorganisationen
Wien (lebenshilfe) - "Die Lebenshilfe als drittgrößter Anbieter für Zivildienst (derzeit ca. 750 Zivildienststellen) sieht durchaus Chancen in der Entwicklung eines attraktiven, finanziell gut abgesicherten Sozialjahres, allerdings sind sehr viele Fragen offen. Die Risiken eines Systemwechsels müssen auf Grundlage klarere Zahlen und Fakten vor der Volksbefragung offen diskutiert werden", meint Lebenshilfe-Generalsekretär Albert Brandstätter nach der Gesprächsrunde mit Sozialminister Hundstorfer. Dazu fordert die Lebenshilfe eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Behandlung der vielen offenen Fragen sowohl für die zukünftige Entwicklung des Zivildienstes als auch für ein mögliches Soziales Jahr unter Einbeziehung der Trägerorganisationen.

"Der Zivildienst ist derzeit eine wesentliche Grundlage für die qualitätvolle Begleitung behinderter Menschen in ihrem Alltag. Dasselbe gilt auch für ein bezahltes Soziales Jahr. Es böte nicht nur Männern, sondern auch Frauen aller Altersstufen eine Gelegenheit für Berufsorientierung oder den Erwerb sozialer Kompetenzen", meint Brandstätter.

Die Lebenshilfe sieht in der freien Entscheidung für ein Soziales Jahr ebenso wie beim Zivildienst die Chance, dass engagierte Menschen sich in der Behindertenhilfe orientieren können und sich später für eine haupt- oder ehrenamtliche Tätigkeit darin entscheiden. Wichtig sei allerdings, dass sich hier eine Geschlechterbalance einspielt. Eine vernünftige Bezahlung für eine Vollzeittätigkeit sei grundsätzlich sinnvoll, allerdings müsse dabei geachtet werden, dass weder die nach BAGS-Kollektivvertrag noch die Freiwilligen dadurch benachteiligt werden.

Eine geförderte Grundausbildung in pflegerischen oder assistierenden Kompetenzen für die Sozialjahrleistenden wäre ein wichtiges gesellschaftliches Gut angesichts des steigenden Bedarfes an diesen Kompetenzen. Für Menschen in einer Orientierungsphase vor dem Studium, Berufseintritt oder Pensionsantritt könnte dies durchaus auch eine attraktive Möglichkeit sein.

"Allerdings sind viele Fragen offen: Kann die anvisierte Zahl von 6500 Sozialdienstleistenden tatsächlich erreicht werden, wie soll die Vertragsgestaltung, die Abwicklung geschehen? Wie wird eine Balance zwischen Blaulicht- und Sozialorganisationen hergestellt? Ist die Gehaltshöhe angesichts der vorgeschlagenen Benefits wie Ausbildungen und Anrechenbarkeiten angemessen? Wie können die in Zukunft sicher nötigen freiwilligen Tätigkeiten in Kombination mit einem neu gestalteten Zivildienst oder einem Sozialen Jahr gefördert werden?

Jedenfalls müssen die Finanzierung, die rechtliche Absicherung und die Eigenleistung der Trägerorganisationen und die Qualität der Dienste geklärt werden. Wichtig wird auch eine gut gestaltete Übergangszeit in einem allfälligen Systemwechsel sein. Ich denke, dass dies frühesten mit Anfang 2015 geschehen sollte", meint Brandstätter abschließend.

 

Albel: Welcher politischen Absicht dient stümperhafte Planung?
Folgekosten bei Abschaffung der Wehrpflicht ignoriert oder falsch dargestellt!
Wien (igbo) - Hochinteressant war die Diskussion zur bevorstehenden Volksbefragung über die Wehrpflicht am 09.09. um 22 Uhr in der Sendung "Im Zentrum" im ORF. Der Kabarettist Thomas Maurer hinterfragte völlig zu Recht, was das Bundesheer denn können soll, damit man sinnvoll über dessen Strukturen diskutieren kann. Das hat auch die Interessengemeinschaft der Berufsoffiziere (IGBO) bereits wiederholt gefordert. Es ist eine Frage des "Hausverstandes" so vorzugehen, um Fehler zu vermeiden. Daher verlangt die IGBO neuerlich eine seriöse Diskussion und Beschlussfassung über die Sicherheitsdoktrin Österreichs.

Darüber hinaus verlangt die IGBO eine genaue Kalkulation und Offenlegung möglicher Folgekosten der beabsichtigten Maßnahmen. Denn genau diese sind in der bisherigen Argumentation nicht oder bestenfalls beschönigend genannt worden.

Einem Artikel in Die Presse vom 01.09.2012 unter dem Titel "Wehrpflicht: Geopfert auf dem Altar der Moderne" von Detlef Buch beispielsweise ist zu entnehmen, dass in Deutschland durch Experten Folgekosten von etwa 3 Milliarden Euro erkannt worden sind. Aber erst, als die Aussetzung der Wehrpflicht bereits beschlossen war!

Wie ernsthaft und genau man an der komplexen Aufgabe in Österreich in Österreich arbeitet ist der Zeitung Der Standard vom 14. September 2012 auf Seite 7 zu entnehmen. "Darf's ein bisschen mehr sein?" scheint die Einstellung zu sein, statt ordentlich zu planen. Mögliche Folgekosten nicht umfassend zu bedenken, kann aber nur als "grob fahrlässig" beurteilt werden.

Dem Bundesheer wird seit Jahren die erforderliche Anstellung von Soldaten in geordneten Dienstverhältnissen verweigert. Es wird personell und finanziell aushungert - um Geld zu sparen! Nun aber werden möglicherweise ungleich höhere Kosten in anderen Bereichen ohne nachvollziehbarer Beurteilung in Kauf genommen. Das signalisiert weder Professionalität noch Verantwortungsbewusstsein!

Die demonstrierte Qualität der bisherigen Planungen in Zusammenhang mit der Absicht einiger weniger, die Wehrpflicht abzuschaffen, macht erkennbar, dass dies zu einem finanziellen Desaster führen muss. Auf Kosten unserer Sicherheit, und der Leistungsfähigkeit in allen betroffenen Bereichen.

Die IGBO unterstützt, dass sich die verantwortungsvolle Politiker, Funktionäre und die Bevölkerung dieser Unvernunft widersetzen.
 
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