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Europa ist eine Friedensgemeinschaft!
Feierliche Verleihung des Kaiser-Maximilian-Preises und Ehrung von DDr. Alois Lugger zu dessen 90. Geburtstag
Innsbruck (rms) - In einem feierlichen Festakt wurde der Kaiser Maximilian-Preis 2002 am 13. Juli im Schloss Ambras übergeben. Erstmals wurde der Europapreis für Regional - und Kommunalpolitik, 1997 von Land Tirol und Stadt Innsbruck gestiftet, an zwei Preisträger verliehen - an Dr. Heinrich Hoffschulte, Erster Vizepräsident des Rates der Gemeinden und Regionen Europas, und an Erwin Teufel, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.
Die Preisverleihung im Spanischen Saal durch Tirols Landeshauptmann Dr. Wendelin Weingartner und Innsbrucks Bürgermeister Dr. Herwig van Staa war auch das Podium für ein Bekenntnis zu Europa und zu europäischen Perspektiven. Aber auch ein Appell, kritische Stimmen einer Erweiterung ernst zu nehmen. "Der Europarat ist notwendiger denn je für die Einheit Europas, die Europäische Union ist notwendiger denn je für eine vertiefte Integration", betonte Dr. Walter Schwimmer, Generalsekretär des Europarates in seiner Festrede.

Der Kaiser-Maximilian-Preis wird jährlich alternierend für hervorragende Leistungen auf dem Gebiete der Regionalpolitik bzw. für hervorragende Leistungen auf dem Gebiete der Kommunalpolitik verliehen. Der Preis besteht aus einer Urkunde und einer Medaille (Schautaler von 1509 Kaiser Maximilian I.) sowie aus einem Geldpreis in der Höhe von 10.000 Euro. "Ein Einigung Europas kann es nur im Geiste und Prinzip der Subsidiarität geben". Ein deutliches und klares Bekenntnis von Innsbrucks Bürgermeister Dr. Herwig van Staa, seit Juni auch Präsident des Kongresse der Gemeinden und Regionen im Europarat, in seiner Eröffnungsrede zum "besonderen Stellenwert der Gemeinden und Regionen."

1998 erfolgte die erstmalige Vergabe des Kaiser-Maximilian-Preises an Herrn Jordi Pujol, Präsident von Katalonien. Preisträger des Jahres 1999 war Dr. Josef Hofmann, Ehrenpräsident des Rates der Gemeinden und Regionen Europas. 2000 wurde der Kaiser-Maximilian-Preis an Herrn Luc van den Brande, Präsident der Versammlung der Regionen Europas, verliehen. Im Jahre 2001 erhielt den Preis Baroness Farrington of Ribbleton, Großbritannien.

Europapreis ist auch ein Auftrag
Für die Preisvergabe 2002 hat die international zusammengesetzten Auswahljury erstmals eine ungeteilte Vergabe an zwei Persönlichkeiten beschlossen: an Dr. Heinrich Hoffschulte, 1. Vizepräsident des Rates der Gemeinden und Regionen Europas, und an Erwin Teufel, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.
Mit dem Maximilian-Preis soll insbesondere das beispielhafte Wirken beider Preisträger für die Erhaltung und die Fortentwicklung eines Europas der Vielfalt in Frieden und Wohlstand gewürdigt werden. Sowohl Dr. Hoffschulte als auch Herr Teufel sind ausgewiesene langjährige Kämpfer für die regionale und kommunale Selbstverwaltung und die Verwirklichung des Grundsatzes der Subsidiarität. Sie haben wesentlich an der Verbreitung des Gedankengutes der europäischen Charter der regionalen und der kommunalen Selbstverwaltung in den Mittel- und Osteuropäischen Mitgliedstaaten des Europarates mitgewirkt, mitgeholfen und dazu beigetragen, dass die Grundsätze dieser Charten dort auch umgesetzt werden. Da beide Preisträger aus Deutschland stammen, ist die Preisverleihung auch als Hervorhebung der beispielhaften Regionalisierung Deutschlands innerhalb des europäischen Staatengefüges zu werten.

"Mit Ministerpräsident Erwin Teufel haben die Regionen und Kommunen eine wichtige Stimme im Europa-Konvent;" so Tirols Landeshauptmann Dr. Wendelin Weingartner: "Das Wort zu erheben für die Subsidiarität und das Funktionieren der Selbstverwaltung wird entscheidend sein für die Zukunft der Europäischen Gemeinschaft und ihre Erweiterung! Der Ministerpräsident aus Baden Württemberg ist eine entscheidende Stimme für die europäische Entwicklung".

Einen wesentlichen Beitrag für die Öffnung nach Osten leistet Dr. Heinrich Hoffschulte, 1. Vizepräsident des Rates der Gemeinden und Regionen im Europarat. Mit Engagement versucht der Verfassungsrechtler den neuen Beitrittsländern Mut zu machen und Zustimmung zum Beitritt zu finden. Die Übergabe des Maximilian Preises sieht der Tiroler Landeshauptmann als "einen europäischen Festtag, aber auch ein Auftrag": "Wir müssen in diese Richtung weiterarbeiten, in einem Bekenntnis zur Vielfalt und in einem Bekenntnis zu den Gemeinden und Regionen!".

Die Chance der Erweiterung muss genützt werden!
"Für mich ist Europa eine Friedensgemeinschaft" ist das eindringliche Bekenntnis von Erwin Teufel in seinen Dankesworten. "Wir haben die einmalige Chance, nach der Erweiterung der EU nach Süden, Norden und Westen nun uns auch nach Osten hin zu erweitern! Wir müssen diese große Chance nutzen, wir wissen nicht, wie lange sich diese Gelegenheit bietet". Der gangbare Weg führt für den Ministerpräsidenten aus Baden- Württemberg nur über die Subsidiarität:" Das Fundament Europas sind die Städte, Gemeinden und die kommunale Selbstverwaltung! Nur wenn die Regionen zu wenig Kraft für eine Aufgabe haben, ist der Nationalstaat und dann erst die EU zuständig."

Eine Aufgabe des Europarates ist für Preisträger Dr. Heinrich Hoffschulte
auf UNO-Ebene die Europäischen Charta ("Eine Meßlatte für die Demokratisierung") zu verdeutlichen. "Diese "Success-Story" hat dazu beigetragen, vom Zentralismus wegzukommen und zum Föderalismus zu gelangen - und damit auch zur kommunalen und regionalen Selbstverwaltung."

Wenn auch Europarat und Europäische Union zwei verschiedene Institutionen sind: "Sie sind Garanten für eine friedliche, stabile gesamteuropäische Ordnung", umreißt Dr. Walter Schwimmer, Generalsekretär des Europarates, in seiner Festrede die gemeinsame Vision: "Beide erfüllen eine ergänzende Aufgabe!" Aufgebaut auf dem Bekenntnis zu einer pluralisitischen Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte hat die Mitgliedschaft im Europarat große Bedeutung für die Aufnahme in die EU. (Derzeit wird die EU von 15 auf voraussichtlich 25 Mitgliedsstaaten erweitert. Der Europarat verfügt nach der Aufnahme von Bosnien-Herzogowina über 44 Mitglieder und wird im Herbst mit dem Beitritt Jugoslawiens auf 45 erweitert.) Mit seinen Überwachungs- und Aufnahmekriterien (u.a. Demokratie, Menschenrechte!) leistet der Europarat eine wichtige Arbeit für die und im Sinne der EU. So gäbe es ohne Aufnahme der Russischen Föderation dort noch keine Reform des Justizwesens und in Asserbeidschan wäre es nicht zur Freilassung von 450 Gefangenen gekommen! "Alles Aktivitäten , die für die demokratische Stabilität in diesem Raum von größter Bedeutung sind", so der Generalsekretär: Der Europarat bietet sich als gesamteuropäisches Forum an unter gleichberechtigten Partnern." An die Adresse des Konvents gerichtet ist die Empfehlung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.

Die Bedenken gegenüber der EU und der Erweiterung wurden im Schloß Ambras ernst genommen: Eine Verminderung der Akzeptanz der Europäischen Idee wird geortet. Generalsekretär Schwimmer: "Es gibt große Hoffnungen in die Erweiterung, aber auch Ängste und Bedenken." Waren in den letzten 20 Jahren bis 80 Prozent für Europa so sank das Stimmungsbarometer in den letzten Jahren auf "50 Prozent plus -minus", warnt auch Baden Württembergs Regierungsschef. Der Grund liegt vor allem in der Angst, das sagen im eigen Land zu verlieren. Die Antwort gibt die Subsidiarität und die Bedeutung der Regionen und Kommunen. Nirgendwo sind die Bürger so eingebunden, wie in diesen Gebietskörperschaften. "In dieser Bewusstseinsbildung fallen dem Europarat und auch der Union eine große Verantwortung zu", so Generalsekretär Schwimmer.

Im europäischen Geist gehandelt hat Kaiser-Maximilian-Preisträger Erwin Teufel: Den damit verbundenen Geldpreis (10.000 Euro) spendet der Ministerpräsident Baden Württembergs spontan der Universität der ehemaligen ungarischen Königsstadt Temesvar: " Gerade die Hochschulen in den östlichen Staaten haben große finanziellen Probleme!"

 
Eine Ehrung für Altbürgermeister DDr. Lugger
Das Europäische Fest galt auch der Persönlichkeit DDr. Alois Luggers und seinem 90. Geburtstag. Er war Bürgermeister Innsbrucks (27 Jahre lang), Tiroler Landespolitiker (Landesrat, Landtagsabgeordneter und Landtagspräsident) und vor allem auch Europapolitiker. "Seine Leistungen und seine Person sind der Anlass, dass das Land Tirol und die Stadt Innsbruck den Kaiser-Maximilian-Preis vor fünf Jahren zu seinem 85. Geburtstag gestiftet haben", bedankte sich Bürgermeister DDr. Herwig van Staa in seiner Begrüßung und Laudatio für das Lebenswerk des Tiroler Langzeitpolitikers: "Lugger machte Innsbruck zur international bekannten Stadt! Er hat sich um Innsbruck, Tirol, die Republik und Europa verdient gemacht! Vor allem hat er auch die Bedeutung der Städtepartnerschaften erkannt und gefördert!"

Das Schaffen des Altbürgermeisters würdigte auch ER-Generalsekretär Dr. Schwimmer: "Ihre Leistungen sind im Europarat unvergessen. Der Kaiser-Maximilan-Preis ist sehr eng mit ihrer Person verbunden. Hier wird ersichtlich, wie eng Tirol und Innsbruck mit der Entwicklung Europas verbunden ist."

Einen symbolischen"Blumenstrauss" gab es von Landtagspräsident Prof. Ing. Helmut Mader aus einer ganz persönlichen Perspektive: "Ich habe bei Dr. Lugger in meinen jungen politischen Jahren erstmals gelernt, was europäische Vorstellungen sind und was es heißt europäisch zu denken. Lugger stellte den Menschen immer in den Mittelpunkt seiner Entscheidungen. In der "Hyde- Park- Corner" des Bürgermeister-Stüberls konnten wir alle unsere Vorliegen anbringen. Vor allem gab er vielen eine Chance - man durfte einiges einbringen und er gab auch Ratschläge." Lugger als Politiker war nie ein Populist, er hatte Mut und hielt die Treue! - er hat sich selbst eingebracht.

Eine kleine Überraschung und Geburtstagsgeschenk nach den Feierlichkeiten: Bgm. Dr. van Staa überreichte dem Jubilar das eigens zum "90er" verfasste Buch: "Du musst den Bürgermeister machen!"

Zahlreiche europäische Gäste
Der Kaiser-Maximilian-Preis sorgte für einen vollen Spanischen Saal und viel Prominenz: Untere Ihnen Diözesanbischof Dr. Alois Kothgasser, Dr. Josef Hofmann (Ehrenpräsident des Rates der Gemeinden und Regionen des ER), Minister Jos Chabert (Brüssel) Regierungsrat Walter Schönenberger (Kanton St. Gallen), Vizepr.Cataliw M. Chirita (Bürgermeister Bukarest), Helena Kischela (Botschafterin Bulgariens), Dr. Rolf Böhme (Oberbürgermeister Freiburg), Landtagspräsident Prof. Ing. Helmut Mader, Dr. Ernst Wunderbaldinger (Honorarkonsul von Deutschland), Vizebgm. Hilde Zach; Vizebgm. DI Eugen Sprenger, Zahlreiche Abgeordnete zum Tiroler Landtag , Stadt- und Gemeinderäte der Stadt Innsbruck.

Musikalisch untermalt wurde die Feier von Mitgliedern des Tiroler Symphonie Orchesters. Zur Ehrenbezeugung waren die Schützen der Schützenkompanie St. Nikolaus-Mariahilf angetreten.

 
Nachfolgend der Wortlaut der Laudatio, die Bürgermeister Dr. Herwig van Staa im Rahmen der Übergabe des Maximilianpreises 2002 hielt

Eminenz, Exzellenzen, Hohe Festversammlung, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Vor fünf Jahren wurde hier im Spanischen Saal von Schloss Ambras erstmals der Kaiser-Maximilian-Preis verliehen - an Jordi Pujol, Präsident von Katalonien. Außerordentliche Leistungen von Persönlichkeiten und Institutionen aus dem Bereich der Europäischen Regional- und Kommunalpolitik zu ehren und auszuzeichnen waren die Überlegungen für das Land Tirol und die Stadt Innsbruck, den Europapreis ins Leben zu rufen, Leistungen für die europäische Idee zu ehren und zu würdigen.

Am Ende des Mittelalters, auf dem Weg in die Neuzeit war es Kaiser Maximilian, der europäisch dachte und handelte. Der letzte Ritter und erste Kanonier sah in einer intensiven und auch wohl durchdachten Verhandlungspolitik - dazu mag wohl auch seine Ehepolitik zählen - Chancen und Möglichkeiten nicht nur für das Habsburgerreich: Ein Näherrücken, eine engere Verbindung der Länder sollte zu einem Gleichgewicht der Kräfte führen, sollte Frieden und auch wirtschaftliche Chancen bringen. Vorhaben und Ideen, die letztlich auch heute unser aller Ziel sind.

So naheliegend wie die Namensgebung des Europapreises nach Kaiser Maximilian war, so naheliegend war das Datum der ersten Vergabe: Es war der 85. Geburtstag von Innsbrucks Altbürgermeister DDr. Alois Lugger, über 27 Jahre Bürgermeister jener Stadt, die Kaiser Maximilian zu einem Zentrum damaliger europäischer Politik machte, die der große Habsburger in sein Herz geschlossen hat. Die Initiatoren des Europapreises, Land Tirol und Stadt Innsbruck haben sich erlaubt, den historischen Bogen zu spannen, vom europäisch regierenden Kaiser und christlichen Streiter zum europäisch denkenden und vor allem handelnden Bürgermeister der Landeshauptstadt Tirols, der wesentliche Akzente setzte im europäischen Geist, der Innsbruck - ich möchte sagen - wieder zur Europastadt machte.

Der Präsident Kataloniens Jordi Puiol, der Ehrenpräsident des Rates der Gemeinden und Regionen Europas Dr. Joseph Hofmann, der Präsident der Versammlung der Regionen Europas Luc van der Brande und Lady Ferrington, Baroness of Ribbleton wurden von der international besetzten Auswahljury in den letzten vier Jahren als Preisträger ausgewählt. Die Preisverleihung 2002 ist eine Besondere: Erstmals wird der Kaiser Maximilian Preis an zwei Persönlichkeiten verliehen, an den 1. Vizepräsidenten des Rates der Gemeinden und Regionen Europas an Dr. Heinrich Hoffschulte und an den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württenberg, an Erwin Teufel. Die nunmehr fünfte Preisverleihung bekommt aber auch aus einem anderem, einen persönlichen Grund, eine besondere Note: Altbürgermeister DDr. Alois Lugger feiert seinen 90. Geburtstag: Sehr geehrter Dr. Lugger, lieber Freund: Ich darf hier offiziell im Namen der hohen Festversammlung, im Namen des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck die besten Glückwünsche übermitteln.

Mit Bewunderung und Hochachtung gratulieren wir zu diesem Jubiläum! Es gibt keinen besseren Rahmen als diesen Anlass heute, hier in der Tradition des Spanischen Saales anläßlich der Überreichung des Kaiser-Maximilian-Preises, um an das Lebenswerk von Dr. Lugger zu erinnern. Gerade Dr. Lugger war ein Politiker, der um die Bedeutung der Gemeinden und Regionen wusste, gerade er war es, der diese Idee konsequent und mit Engagement auf europäischer Ebene vertrat.

Lugger erlebte ein Jahrhundert, das in der Beurteilung der Geschichte sicher einmal zu den zumindest "Interessanten" zählen wird. Das Drama zweier Weltkriege und verderbenbringender Ideologien, auf der anderen Seite der Wiederaufbau, die Chance für ein Vereintes Europa und ein ungeahnter Fortschritt in der Entwicklung in allen Lebensbereichen prägen das letzte Jahrhundert vor der Jahrtausendwende.

Geboren wurde Lugger am 11. Juli 1912 in Brixen - noch im Tirol der Habsburger Monarchie, das noch von Kufstein bis Ala reichte. Die Unrechtsteilung Tirols nach dem 1.Weltkrieg und die sich abzeichnenden Schatten der faschistischen Herrschaft veranlassten seinen Vater, einen Gendarmeriebeamten, nach Kufstein zu ziehen. Dieses frühe Wissen um einen verlorene Heimat und das Trennende der Grenzen werden wohl den jungen Lugger im Innersten geprägt und beschäftigt haben: So setzte er sich immer gegen trennende Grenzen und für die Heimat ein - und für Südtirol, das ihm ein besonderes Anliegen war.

Nach Volksschule und Gymnasium in Kufstein zeigte der junge Tiroler Talent, Können und Fleiß an der Universität Innsbruck: Er promovierte 1935 mit Auszeichnung zum Doctor jur., ein Jahr später ebenfalls mit Auszeichnung zum Doctor rer. pol. Seine bemerkenswerte Dissertation "Die Staatsverträge der Republik Österreich und des Bundesstaates Österreich" bescheinigen juristisches Können - eine Fähigkeit, die er auch auf universitärer wissenschaftlicher Ebene eingesetzt hat und weiter einsetzen hätte können- eine Professur für Verwaltungsrecht wäre seine wissenschaftliche Alternative zu Verwaltungkarriere und Politik gewesen. Sein Bewusstsein für die Anliegen der Mitmenschen, sein Wille die Heimat mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen, führten Lugger aber schon bald in die Politik. Zuerst in der Landespolitik, von 1947 bis 1949 als Landesrat mit dem verantwortungsvollen Ressort Gemeindepolitik.

Am Stellenwert der Gemeinden ließ der Tiroler Gemeindereferent keinen Zweifel. Ich zitiere aus seinem Vorwort zu der von ihm erarbeiteten und im Landtag beschlossenen Tiroler Gemeindeordnung: "In einer Zeit, in der sich die Ordnung und Fortentwicklung unserer staatlichen Gemeinschaftslebens immer schwieriger gestalten, müssen wir mehr denn je darauf bedacht sein, in erster Linie die Ordnung in dem untersten örtlichen Verband unseres Staates - in unseren Gemeinden - aufrechzuerhalten und zu festigen". Mahnende Worte aus dem Jahr 1949 - heute nach wie vor aktuell und eine Botschaft, die wir gerade an diesem Tag der Verleihung des Europapreise mitnehmen sollten!

1965 wurde DDr. Lugger zum Präsidenten des Tiroler Landtages gewählt, dem er seit 1949 als Osttiroler und seit 1953 als Innsbrucker Mandatar angehörte. Seine Sachlichkeit, seine souveräne Führung wurden über die Parteigrenzen hinaus geschätzt und anerkannt, vor allem aber seine Toleranz und Menschlichkeit. 240 Gesetze wurden in seiner Präsidentschaft bis 1979 beschlossen - keines wurde wegen wesentlicher Mängel beanstandet - ein Markenzeichen der Tiroler Legislative in der Ära Lugger, die für Sachkenntnis und gründliche Arbeit steht.

 
Der wohl dominierende und prägendste Abschnitt seines Lebens ist die Ära Lugger als Bürgermeister der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck. Begonnen haben die 27 Jahre Bürgermeister DDr. Lugger mit der Aufforderung seiner Parteifreunde, "Du Luis, du musst den Bürgermeister von Innsbruck machen!" Und Luis machte ihn - von 1956 bis 1983! 27 lange und erfolgreiche Jahre, die untrennbar mit der Geschichte der Stadt verbunden sein werden! Ich darf hier ergänzend erwähnen: Mit Wilhelm Greil kann Innsbruck übrigens noch auf einen Langzeitbürgermeister verweisen, von 1896 bis 1923!

Hier an der Basis, an der direktesten Schnittstelle zum Bürger zeigten sich die Qualitäten und der Weitblick des, ich möchte fast sagen geborenen Kommunalpolitikers Lugger: Er hatte die Zusammenschau, brachte Wirtschaft, Bildung, Infrastruktur, Sport und Kultur auf einen Nenner. Stadtpolitik war damals in der Zeit des Wiederaufbaus keine "gmahte Wiesn," wie wir auf gut tirolerisch oder innsbruckerisch sagen würden. Es galt Wohnungen zu bauen, Schulraum zu schaffen, die Wirtschaft anzukurbeln. Lugger suchte Lösungen und fand sie. Aus den Bundes- und Landeswohnbauförderungen bekam er durch geschickte Verhandlungen mehr Mittel für Innsbruck zugesprochen - In der Reichenau entstand ein neues Stadtviertel, über 300 Wohnungen wurden gebaut. Zwei olympische Spiele sorgten für den nächsten Wohnbauboom. Von 28.000 auf 48.000 Wohnungen stieg in der Amtszeit Lugger das Wohnungsangebot - eine echte und vor allem soziale Erfolgsbilanz! Das Straßennetz wurde um 270 Kilometer verdoppelt. Kinderbetreuungseinrichtungen, Pflicht- Berufs und Mittelschulen wurden gebaut. Damals war die Weichenstellung, dass Innsbruck heute zu den führenden Städten Österreichs im schulischen Bereich gehört. Ein Schwerpunkt galt der Universität - die Errichtung der Technik war ein großer Meilenstein im universitären Angebot. 1956 zählte die Alma Mater 3481 Studenten, 1980 waren es über 16.000, heute sind es knappe 30.000 Studiosi!

Lugger hatte Weitblick: Er erkannte die Chancen, die ein Kongresszentrum, von nicht wenigen eher skeptisch gesehen, für Innsbruck erschließen würde. Erst heuer wurde der Congress Innsbruck mit dem Award für "Das beste Kongresszentrum der Welt" ausgezeichnet. In engem Kontakt mit der Universität werden internationale Spitzenkongresse organisiert.
Es war Lugger, der mit der Installierung eines modernen Anflugsystems den Flughafen Innsbruck zu einer gefragten Destination und zu einem modernen Wirtschaftsunternehmen machte. Eine international bekannte Attraktion ist auch der Alpenzoo mit seiner Vielfalt der Tierwelt des Alpenraums.

Zwei Olympische Spiele holte Lugger nach Innsbruck 1964 und 1976. Dass zweimal am Berg Isel das Olympische Feuer gezündet wurde, brachte ihm den Beinamen "Olympia Luis" - eine liebevolle Auszeichnung "seiner" Mitbürger für "ihren" Bürgermeister. Dabei dachte der Olympiabürgermeister über den sportlichen Rahmen hinaus: Vom Bund kamen verstärkt Gelder für den Ausbau der Infrastruktur, für den Wohnbau. Die Winterspiele waren die beste weltweite Werbung, deren Glanz auch noch heute erhalten ist.

Lugger war ein Grundsatzpolitiker, immer kompromissbereit und konziliant, aber klar in der Linie, wenn es um Grundsatzfragen ging. In der wenigen freien Zeit, fand der Privatmann Lugger aber auch Zeit für Geselligkeit und vor allem für seine Familie - seine Frau Luise und seiner vier Kinder Jörg, Klaus, Sissy und Marie-Luise.

DDr. Lugger war immer einer jenen, der über den Horizont des "Landes im Gebirge" hinaussah. Er war ein ausgezeichneter Landespolitiker, ein leidenschaftlicher Kommunalpolitiker, er kandidierte bei der Bundespräsidentenwahl 1974 - die beachtlichen 48,3 Prozent waren übrigens ein Zeichen seiner österreichweiten Bekanntheit und Beliebtheit! Dr. Lugger war vor allem ein Europäer der ersten Stunde. Das in einer Zeit, in der nicht einmal die Römischen Verträge geschrieben waren und die EU höchstens eine Vision war! Von Tirol, von Innsbruck aus leistete er Pionierarbeit für europäisches Denken, für ein einmal Vereintes Europa. Dr. Lugger ist einer Gründer der europäischen Kommunal- und Regionalkonferenz des Europarates und war der erste deutschsprachige Präsident der Gesamtkonferenz. Er wusste um die Bedeutung der kleinen, dem Bürger nahen Einheiten - der Kommunen, Städte und Regionen auf dem Weg zu einem Vereinten Europa, das Frieden und Wohlstand garantiert. Mit großen Einsatz vertrat er diese Ideen in den verschiedenen Gremien des Europarates. Der 1990 verstorbene langjährige Präsident des Rates der Gemeinden Europas, Dr. Henry Cravatte wusste die Arbeit des Tiroler Politikers und seines Freundes zu schätzen: "Lugger fiel mir beim Ersten Europäischen Gemeindetag in Versailles auf nicht nur durch seine stattliche physische Erscheinung, sondern vor allem durch seine klaren, auf das Thema bezogenen Diskussionsbeiträge. Trotz verschiedener politischer Zugehörigkeit führten wir eine exemplarische Zusammenarbeit. In vollem geistigen Vertrauen und in wahrer Freundschaft, beide beseelt von der Überzeugung, dass wir eine große Verantwortung für die Existenz und das erfolgreiche Wirken des Rates der Gemeinden Europas übernommen haben!" Beide Politiker waren fest davon überzeugt, dass die Einigung Europas in der Vielfalt der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Belange vollzogen werden muss: Vor allem aber müssen die Herzen der Bürgerinnen und Bürger für die Europaidee gewonnen werden, damit sie Europäer aus Überzeugung werden! Ich kann Ihnen, hohe Festversammlung, sehr geehrter Herr Dr. Lugger - versichern: Diese Worte sind mich als Tiroler Politiker und in meiner Funktion als Präsident des Europarates für kommunale und regionale Angelegenheiten ein Auftrag auf meinem weiteren politischen Weg!

In diesem Geiste und diesem Bekenntnis wird heute der Kaiser-Maximilian-Preis an Dr. Heinrich Hoffschulte, 1. Vizepräsidenten des Rates der Gemeinden und Regionen Europas und an den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, an Erwin Teufel übergeben: Die Debatte um Europa muss mit den Stimmen der Kommunen und Regionen geführt werden. Die Verleihung dieser Auszeichnung an soll als Zeichen verstanden werden, dass sich Innsbruck seiner Tradition als Europastadt und Begegnungsstätte internationalen Formats bewusst ist!