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"Das Jahr 2000 stellte die österreichische Außenpolitik vor wichtige Aufgaben und ungewöhnliche Herausforderungen." Mit diesem Satz fasst Außenministerin Ferrero-Waldner in ihrem Vorwort zum Außenpolitischen Bericht 2000 (III-100 d.B.) das Berichtsjahr zusammen. Einerseits war Österreich als EU-Mitgliedsland aufgerufen, aktiven Anteil an der Ausgestaltung der EU-Reformen zu nehmen, andererseits wurde die heimische Außenpolitik durch die Verhängung von Sanktionen durch 14 EU-Mitgliedsstaaten gegen die im Februar 2000 gebildete Regierung teilweise nicht unbeträchtlich beeinträchtigt. Daneben erfüllte Österreich als Vorsitzland der OSZE wichtige Aufgaben für die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Schließlich setzte Österreich sein Engagement im außereuropäischen Rahmen unvermindert fort und förderte im Bereich der Auslandskultur die Bedeutung Österreichs als Kulturnation.
Eingangs der Debatte übte Abgeordneter Josef Cap (SPÖ) Kritik an der Art des Berichtes, der wesentlich mehr Beobachtungen und Kommentare enthalte, die beinahe schon in journalistischer Manier abgefasst seien, als die Festschreibung der jeweiligen österreichischen Position zu den einzelnen Fragen. Die gegenwärtige österreichische Außenpolitik sei somit in diesem Bericht nicht fassbar, was für ihn, Cap, umso schwerer wiege, als die Opposition ja nicht in diese Außenpolitik eingebunden werde, obwohl dies Voraussetzung wäre, um einen österreichischen Grundkonsens herstellen zu können. Der Außenpolitische Bericht sollte ein Rechenschaftsbericht sein, dem entnommen werden können müsse, was getan wurde und warum. Konkret sprach Cap die Zukunft der EU und die österreichische Haltung hiezu (Stichwort: Volksabstimmung) und das Konzept einer strategischen Partnerschaft mit den Nachbarstaaten an.

Abgeordneter Michael Spindelegger (ÖVP) hielt seinem Vorredner entgegen, es könne in einen Bericht über das Jahr 2000 nicht hineingeschrieben werden, was im Jahr 2000 nicht stattgefunden habe. 2000 sei ein schwieriges Jahr gewesen, das wesentlich durch die aus Sicht Spindeleggers ungerechtfertigten Sanktionen gegen Österreich geprägt worden sei. Und gerade hier sei der heimischen Außenpolitik durch die erfolgreiche Bewältigung dieser Situation binnen 7 Monaten und 10 Tagen Hervorragendes gelungen. Nicht minder ausgezeichnet habe sich die Außenministerin bei ihrer OSZE-Vorsitzführung, wo sie außerordentliche Leistungen zu Wege gebracht habe. Dank stattete Spindelegger auch für die konsularische Tätigkeit ab, sei es doch - entgegen der Ansicht vieler Österreicher - nicht selbstverständlich, dass man dort so gut betreut werde. Das setze nämlich viel an Bürgernähe und Engagement voraus.
Abgeordnete Ulrike Lunacek (Grüne) übte wie später die Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ) Kritik an der Enderledigung des Berichts im Ausschuss und meinte, diese Verweigerung einer Diskussion im Plenum mute seltsam an, erwecke sie doch den Eindruck, man wolle diesen Bericht verstecken. Die Mandatarin teilte weiters die Einschätzung Caps, dieser Bericht sollte nicht nur eine Übersicht über globale Vorkommnisse geben, sondern auch den österreichischen Standpunkt dazu einreferieren. Das Sanktionskapitel im Bericht bewertete Lunacek als einseitig und undifferenziert. Schließlich sprach sie auch noch die Themen EU-Erweiterung und Temelin an.
Abgeordneter Karl Schweitzer (FPÖ) bekräftigte die Haltung seiner Fraktion zu den Fragen der Benes-Dekrete und der AVNOJ-Beschlüsse und meinte, diese widersprächen den Kopenhagener Kriterien, welche den Schutz von Minderheiten und die Wahrung der Menschenrechte einforderten, weshalb es einer Partei eines Mitgliedslandes der EU unbenommen sein müsse, diese Fragen zu ventilieren. Hinsichtlich der Sanktionen erinnerte Schweitzer daran, dass es seinerzeit nicht gelungen sei, einen nationalen Schulterschluss gegen diese Maßnahmen zu erreichen. Hingegen habe die Außenministerin sich unermüdlich darum bemüht, dieses Problem zu lösen und sei damit letztlich auch erfolgreich gewesen. Dies gelte ebenso für ihre OSZE-Vorsitzführung. Weiters habe sich auch Österreichs Mitwirken am Vertrag von Nizza als fruchtbringend erwiesen, sei es doch gelungen, durch die Neufassung des Artikels 7 künftighin Sanktionen in der Art, wie sie gegen Österreich verhängt worden waren, in dieser Form zu verunmöglichen.
Ausschussvorsitzender Peter Schieder (SPÖ) legte ein Bekenntnis zu einer gemeinsamen Außenpolitik ab, meinte aber, dies müsse für alle Seiten gelten. Sodann sprach er konkrete Themen wie die Lage in Makedonien, den Gipfel zwischen Bush und Putin sowie den US-Besuch der Außenministerin an. Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP) befasste sich mit der Erweiterung der EU, Abgeordneter Peter Pilz (Grüne) mit den Perspektiven auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik. Konkret wollte Pilz wissen, ob der NATO-Beitritt Österreichs noch Ziel der Bundesregierung sei. Das Sanktionskapitel im Bericht nannte er "blühenden Unsinn", sei doch hier von einem Verteidigungsfall die Rede, der seines Wissens nicht eingetreten sei. Generell erweckten diese Zeilen bei ihm den Eindruck, sie seien nicht von hochqualifizierten Beamten verfasst worden, sondern direkt von der Außenpolitik. Formulierungen, wie sie hier gewählt worden seien, seien entbehrlich und schmälerten die Qualität des ansonsten hochstehenden Berichts. Abgeordneter Gerhard Kurzmann (FPÖ) meinte zu den Auffassungsunterschieden zum Erweiterungsprozess der EU, eine Koalition bedeute eben nicht, dass ÖVP und FPÖ nun eine Einheitspartei geworden seien. Von der Außenministerin wollte er wissen, wie es vor dem Hintergrund der neuen Regierung in Italien um die Zukunft Südtirols bestellt sei.
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hielt in ihrem Referat eingangs fest, dass der Bericht für die Bevölkerung geschaffen wurde, weshalb er die Hauptentwicklungslinien darstellen müsse. Die Umsetzung der Forderungen der Sozialdemokratie würde hingegen zur Unlesbarkeit des Berichtes führen. Überdies geschehe das Einbringen von Positionen heute anders als früher, weil sich die Dinge ja auch laufend anders darstellten und permanent im Fluss seien.
Österreichs Außenpolitik werde in vielen Fragen manifest. In den Vereinten Nationen spiele Österreich eine ausgezeichnete Rolle und bringe sich in vielen Bereichen ein. Im Nahen Osten habe die EU zu einem einheitlichen Standpunkt gefunden, und die strategische Partnerschaft, die nun regionale Partnerschaft heiße, sei ja eben erst aus der Taufe gehoben worden. Alle eingeladenen Staaten seien gekommen, inhaltlich habe man viel bewegt, in Summe dürfe ein erfolgreicher Start konstatiert werden. Diese Partnerschaft habe eine konkrete Perspektive, die nächste Konferenz im Dezember werde diesbezüglich weitere Fortschritte bringen, zeigte sich die Ministerin überzeugt, die auch ihrer Meinung Ausdruck verlieh, dass Volksbefragungen und Volksabstimmungen in dieser Sache wenig zweckdienlich wären.
Den Erweiterungsprozess sei, so das Regierungsmitglied, trotz des Votums der Iren ein irreversibler, und wenn die Verhandlungen bis Ende 2002 abgeschlossen werden könnten, dürfe man mit dem Beitritt neuer Staaten zur EU per 2004 rechnen. Die Basis dafür stelle übrigens just der Nizza-Vertrag dar, den man also nicht gering achten sollte, sagte Ferrero-Waldner, die weiters auf die jüngsten Entwicklungen beim Thema Temelin einging.
Der österreichische OSZE-Vorsitz sei allgemein positiv eingeschätzt worden, in Mazedonien wolle man einen ständigen Vertreter für Javier Solana installieren, was bis zum nächsten Rat auch personell geklärt sein sollte. Ihr US-Besuch habe politische Ziele gehabt, waren doch die Lage in Mazedonien, die Erweiterung der EU und die Situation im Nahen Osten Gesprächsthemen. Die Frage eines NATO-Beitritts Österreichs stelle sich derzeit nicht, sei aber weiterhin eine der möglichen Optionen. Hinsichtlich Südtirols will die Ministerin mit der neuen Regierung Italiens in einen Dialog treten, um die Schutzmachtfunktion auch weiterhin erfolgreich wahrnehmen zu können. Sie sei aber optimistisch, dass die Autonomie Südtirols auch in Hinkunft respektiert werde.

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