Kärntner Ortstafel-Debatte vor erfreulichem Ende?  

erstellt am
11. 04. 11

Bundespräsident Heinz Fischer ist am 10.04. in Mürzsteg mit dem Vorsitzenden des Rates der Kärntner Slowenen, Valentin Inzko, Marjan Sturm, Vorsitzender des Zentralverbands und Bernard Sadovnik, Gemeinschaft der Kärnter Slowenen zu einer Aussprache über die aktuelle Situation im Zusammenhang mit einer Lösung der Ortstafelfrage zusammengetroffen.

In dem 2 1/2-stündigen Gespräch ist Übereinstimmung dahingehend erzielt worden, dass von allen Gesprächsteilnehmern der Zeitpunkt für eine Lösung der Ortstafelfrage als gekommen angesehen wird. Es herrschte auch Übereinstimmung, dass eine konsensuale Lösung erstrebenswert und erreichbar ist, wobei es sowohl um eine staatsvertragskonforme Ortstafellösung als auch um ein begleitendes Maßnahmenpaket geht. In der Ortstafelfrage selbst sind nicht Prozentsätze der entscheidende Punkt, sondern die Realisierung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes, die Beibehaltung der 1977 verordneten Ortstafeln und darüber hinaus eine faire Lösung für weitere Ortstafeln, die eine einstimmige Beschlussfassung in den zuständigen verfassungsmäßigen Organen ermöglicht.

Bundespräsident Fischer appellierte an alle am Verhandlungsprozess Beteiligten, in der Schlussphase der Verhandlungen Verantwortungsbewusstsein und jenes Maß an Vertrauen in die Zukunft aufzubringen, das eine einhellige und einvernehmliche Lösung ermöglicht.
Alle Gesprächspartner äußerten die Zuversicht, dass eine solche Lösung möglich sei und erreicht werden könne.

Zu der am Abend des 01.04. in Kärnten getroffenen Entscheidung in Sachen Ortstafeln erklärte Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) im Ö1-"Morgenjournal" am 05.01., die 17,5 Prozent-Marke sei der größte gemeinsame Nenner, der erzielbar bei den unterschiedlichen Parteien erzielbar gewesen sei und dieser solle jetzt sozusagen auch Basis für ein gemeinsames Vielfaches der Zukunft sein. Ziel der Verhandlungen sei es gewesen, eine politische konsensuale und nachvollziehbare Lösung zu finden, die sich innerhalb der völker- und verfassungsrechtlich zulässigen Bandbreite befinde und das seien die 17,5 Prozent, bekräftigte Ostermayer, der die Verhandlungen seitens des Bundes geführt hat.
Selbstverständlich würden Entscheidungen, die der VfGH getroffen hat auch umgesetzt und die Tafeln aufgestellt. Der Verfassungsgesetzgeber werde eine zukünftige Regelung treffen, aber das sei ja der Sinn der Verhandlungen der letzten Zeit gewesen. Ostermayer nannte als Ziel eine eine Abstimmung im Nationalrat noch vor der Sommerpause.

Landeshauptmann Gerhard Dörfler zeigt sich nach dem am 01.04. erzielten Verhandlungsergebnis und nach unzähligen positiven Reaktionen sehr zufrieden. Für die nächsten Wochen erwartete sich Dörfler nun auch von den Vertretern der slowenischen Volksgruppe in Kärnten eine rasche Abstimmung in ihren Gremien, um den von Staatssekretär Josef Ostermayer vorgegebenen Zeitplan einhalten zu können.

Am 09. 04. sprach sich der Volksgruppentag der Kärntner Slowenen für eine Fortsetzung der Verhandlungen aus, stellte aber fest, daß die 17,5% Grenze auf Basis der Volkszählung 2001 für zweisprachige Aufschriften aufgrund deren Verfassungs- und Völkerrechtswidrigkeit nicht annehmbar sei und zeigte sich zuversichtlich, daß eine vertretbare Einigung über eine Liste mit etwa 175 Ortschaften erreicht werden könnte. Der übermittelte Gesetzesentwurf zum Volksgruppengesetz, welcher auch den Vorschlag zur Lösung der Ortstafelfrage, beinhalte, bedeute in einigen Bereichen wesentliche Rückschritte (Amtssprache, Aufschriften topografischer Natur) und müsse während der angekündigten Phase der weiteren Verhandlungen geklärt, verbessert und ergänzt werden.

Nach Bekanntwerden des Ergebnisses des Volksgruppentages des Rates der Kärntner Slowenen zeigte sich Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler enttäuscht: Wieder einmal mehr zeige sich, so Dörfler, dass manche Vertreter der Kärntner Volksgruppe weder die Wünsche der Slowenisch-sprachigen Kärntner noch ein auf fairem Wege über zahlreiche Verhandlungen erzieltes Ergebnis-Paket, an dem sie selbst mitgearbeitet hätten, annähmen, sondern dieses ganz im Gegenteil, klar zurückschlagen würden. Der Rat der Kärntner Slowenen und mit ihm dessen Obmann Valentin Inzko hätten mit diesem Votum klar die ausgestreckte Hand zurückgewiesen. Während er, Dörfler, bemüht sei, das ganze Land und dessen Wünsche zu vertreten, beschränke sich Inzko auf Radikalpositionen.
Zudem sei es mehr als unverständlich, dass der aktuell auf dem Tisch liegende Vorschlag abgelehnt wurde, nachdem der Rat der Kärntner Slowenen die im Gusenbauer-Paket ausverhandelte Zahl von 163 Tafeln akzeptiert habe und nachdem das aktuell vorliegende Ortstafelpaket wesentlich großzügiger sei als die Gusenbauer Lösung.

SPÖ-Landesvorsitzender und Kärntens LHStv. Peter Kaiser stellte fest, alle Verhandlungspartner in der Ortstafelfrage hätten sich gleichermaßen bewegt und seien von ihren verhärteten Fronten weitestgehend abgezogen. Jetzt so knapp vor einer Lösung im Verfassungsrang warne er eindringlich davor, wieder verbal aufzurüsten. Man müsse jedenfalls verhindern, dass mögliche noch bestehende Unstimmigkeiten in die Familien und Dörfer getragen würden, weist Kaiser auf die Wichtigkeit eines gütlichen Ausgangs der Ortstafelfrage hin. Eine Verbesserung des ramponierten Rufes des Landes hänge auch von einer guten Ortstafellösung für alle ab. Man müsse sich auch im Klaren darüber sein, dass die Verhandlungen von Beobachtern aus ganz Europa und darüber hinaus verfolgt würden.

ÖVP Landesparteisekretär Achill Rumpold meinte, jetzt gehe es darum, Verantwortung zu zeigen und auch umzusetzen. Ein nochmaliges Feilschen aus persönlichen Interessen um Ortstafeln dürfe einen breit ausgehandelten Konsens nicht wieder gefährden. "Feinabstimmung ja, Aufschnüren des ausgehandelten Kompromisses nein", sagt Rumpold, der sich für einen Verfassungsbeschluss im Parlament aussprach, der auch zustande kommen sollte, wenn sich der Rat ins Abseits stellen sollte. Wenn jemand ständig dagegen sei, müsse er damit rechnen, nicht mehr gehört zu werden. Mit einem Verfassungsgesetz, das nicht mehr aufgeschnürt werden könne, sollte Kärnten endgültig von Ortstafel-Diskussionen befreit bleiben. Es müsse in dieser Frage Ruhe einkehren, damit die Weiterentwicklung Kärntens im Alpen-Adria Raum unbelastet vorangetrieben werden könne.

FPK-Klubobmann Ing. Kurt Scheuch zeigte sich überzeugt, Valentin Inzko, Obmann des Rates der Kärntner Slowenen, habe sich und seine Organisation endgültig isoliert. Inzko, der in der Ortstafelfrage anscheinend vollkommen überfordert sei, habe damit gezeigt, dass er der falsche Mann am falschen Platz sei. Die Empfehlung an die Slowenenvertreter könne daher nur lauten, Inzko umgehend durch eine begabtere Person zu ersetzen, rät Scheuch, der im Gegenzug dazu festhält, dass man mit Landeshauptmann Dörfler, Staatssekretär Ostermayer, den Bürgermeistern sowie dem restlichen Verhandlungsteam hochprofessionelles Verhandlungsgeschick an den Tag gelegt habe und so auch mit großer Wahrscheinlichkeit die schwierige Ortstafelfrage in Kärnten endgültig gelöst werden könne.

BZÖ-Volksgruppensprecher Stefan Petzner stellte fest, wer - wie der ORF und manche selbsternannte Experten - meine, in der Ortstafelfrage gehe es nur um zweisprachige Blechtafeln, der habe die Ortstafelfrage nie verstanden. In Wahrheit sei die Ortstafelfrage weitaus komplexer und umfasse vielschichtige Verwerfungen und Konflikte zwischen den beiden Volksgruppen etwa in den Bereichen Schule, Kindergarten, Vereinswesen, Förderwesen oder Kirche. Basis des Konfliktes sind nicht nur Belastungen aus der Geschichte heraus, sondern vor allem die Privilegierung der slowenischen Volksgruppe und die Benachteiligung der Mehrheitsbevölkerung. Vor diesem Hintergrund habe das BZÖ auch ein Zehn-Punkte-Programm entwickelt, das die Ortstafelfrage breit und umfassend zu lösen versuche.

Wolfgang Zinggl, Minderheitensprecher der Grünen, sprach sich für eine taxative Aufzählung anstelle eines Prozentsatzes aus. Hinter den Gusenbauer- Vorschlag von 163 Ortschaften dürfe man nicht zurückfallen. Weiters verlangte er Gemeindeautonomie für weitere Tafeln, ein Verbandsklagerecht und die Absicherung von Kultur- und Bildungseinrichtungen. Die am Freitag vom Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) genannte Zahl von 160 bis 164 Orten nannte Zinggl "durchaus akzeptabel". Für eine Zustimmung im Parlament sollten aber auch die anderen Bedingungen der Grünen berücksichtigt werden. "Einbetonieren" will sich Zinggl freilich nicht, auch die Zustimmung aller drei Slowenenverbände sei für ihn nicht unbedingt notwendig. Generell gab sich der Grüne kompromissbereit.
     
Detailinformationen in Chronologie:
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2011/0311/W5/10404Portstafeln.htm
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2011/0411/W1/50504Portstafeln.htm
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2011/0411/W1/30704Portstafeln.htm
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2011/0411/W1/20804Portstafeln.htm
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2011/0411/W1/11104Portstafeln.htm

Rat der Kärntner Slowenen
http://nsks.at
Zentralverband der Kärntner Slowenen
http://www.slo.at/
Gemeinschaft der Kärntner Slowenen
http://www.skupnost.at/de/
     
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