Wo soll bloß das Geld herkommen?   

erstellt am
19. 09. 11

Wien (öj) - Die Staatsverschuldung steigt, der Zinsendienst dafür kostet täglich zig Millionen und von einem ausgeglichenen Budget ist nicht nur Österreich weit entfernt. Die Maßnahmen, die die Bundesregierung gesetzt hat, um Auswirkungen der Wirtschaftskrise so gering wie nur möglich zu halten, haben zwar gegriffen - unser Land hat sie besser überstanden als viele andere - aber die dafür aufgewendeten Mittel müssen irgenwo wieder zurückkommen. Das ist in Zeiten der Hochkonjunktur schon schwierig genug und zeigt sich in Zeiten drohender Rezession oder zumindest deutlich sinkenden Wachstums als nahzezu unmöglich. Und das alles neben der Notwendigkeit, möglichst zusätzliche Budgetmittel für wichtige Zukunftsbereiche wie etwa Bildung freizumachen. Da eine Erhöhung der Steuern und Abgaben drastische Folgen für den Konsum haben könnte (außerdem wurde den Arbeitnehmer in den letzten Jahren nicht wesentlich mehr als die Inflationsrate abgegolten), ist man dringend auf der Suche nach neuen Einnahmequellen, die aber möglichst niemand wirklich belasten sollten. Und in der Natur der Sache liegt es, daß die SPÖ eher auf die, wie es heißt, "Reichen" abzielt, während die ÖVP die neuen Steuerpläne des Koalitionspartners sehr skeptisch beobachtet und teilweise strikt dagegen ist.

Verschärft wird die breite Debatte in allen Parteien dadurch, daß der europäische Dauerbrenner Griechenland-Hilfe im Lichte der heimischen Finanznöte trefflich für Forderungen nach "Österreich zuerst" herhält und somit das Spektrum der Vorstellungen - einzeln und für sich genommenen - wohl keine Lösung bringen wird. Es ist also dringend notwendig, daß sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP auf einen gemeinsamen Weg einigen können. Nach außen hin hat es diesen Eindruck derzeit allerdings (noch) nicht.

Bei der Herbstklausur des SPÖ-Parlamentsklubs in den Räumen des Parlaments standen Fragen der Verteilungsgerechtigkeit im Mittelpunkt. Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder betonten die Notwendigkeit einer höheren Besteuerung von Vermögen über 1 Million Euro. Faktum ist, führt man ins Treffen, daß Österreich bei vermögensbezogenen Steuern weit unter dem Durchschnitt der OECD-Länder liege und es hoch an der Zeit sei, zu handeln.
Faymann und Schieder machten klar, dass von der Millionärssteuer nur ein Prozent der Österreicher, also rund 80.000 Menschen, betroffen wären. Es gehe nur um jenen Teil des Vermögens, der 1 Mio. Euro übersteige, außerdem würden Betriebe ausgenommen werden. Bei der Millionärssteuer handle es sich um mehr als einen symbolischen Beitrag des Reichsten des Landes, denn: Das reichste Prozent besitze 34 Prozent des Gesamtvermögens an Geld- und Immobilienwerten. Alleine die 100 reichsten Österreicherinnen und Österreicher hätten im Jahr 2010 ein Vermögen von rund 96 Milliarden Euro gehabt.
In der Diskussion zeigten sich die SPÖ-Abgeordneten zuversichtlich, dass es in der von der Regierung eingesetzten Arbeitsgruppe gelingen wird, auch den Koalitionspartner von der Richtigkeit und Notwendigkeit einer Millionärssteuer zu überzeugen.

Der rief mit Vizekanzler ÖVP-Bundesparteiobmann Michael Spindelegger bei der ÖVP-Klubklausur dazu auf, eine "ehrliche Politik" zu machen und an einer Leistungsgesellschaft mit einem menschlichen Gesicht zu arbeiten. Spindelegger kündigte als Schwerpunkte der politischen Herbstarbeit der ÖVP die Entschuldung Österreichs, Zukunftsinitiativen für die Universitäten, die Wirtschaft und die Familien an. Die ÖVP wolle auch bleiben, was man sei: Schützer des Eigentums in diesem Land.
Der Vizekanzler hob in seinem Referat die "unglaubliche Schuldenbelastung" hervor. Jeder Österreicher habe durchschnittlich 29.000 Euro Schulden. Daher sei es notwendig, die großen Kostentreiber in den Fokus zu nehmen, verwies Spindelegger auf die Zinsen und schlug vor, ein Schuldenlimit in die Verfassung einzuziehen. Auch die Frühpensionen seien eine Herausforderung. Das Steuersystem müsse einfacher und leistungsorientierter werden. Wer neue Steuern verlange, der nehme in Kauf, dass es weniger Arbeitsplätze gebe. Daher: Keine neuen Steuern für den Mittelstand, der Österreich stark mache. Er sprach sich auch gegen eine Vermögenssteuer aus. Wer einmal beginne, das Eigentum in Frage zu stellen, der ende in einer Gesellschaft, die die ÖVP nicht wolle. Wer heute zudem von den Superreichen zwei Milliarden holen wolle, der habe damit auch den Mittelstand im Sinn.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bringt ins Treffen, dass das österreichische Steuersystem grundsätzlich dadurch auffalle, dass neben enorm hohen Steuersätzen die Menschen von einer beträchtlichen Abgabenquote betroffen seien - vom undurchschaubare Förderungswesen der Republik einmal ganz abgesehen, welches das Einnahmen-/ Ausgabenverhältnis gehörig in Schieflage bringe, da es großteils undurchschaubar und dubios sei. Im internationalen Vergleich lasse das österreichische Steuersystem - nicht zuletzt auch wegen der Gefahr des Abgleitens in die kalte Progression durch den unvorteilhaften Anpassungsmechanismus - vieles zu wünschen übrig. Die FPÖ stehe jedenfalls dann zur Verfügung, wenn es um die unumgängliche Entlastung des Mittelstandes gehe.
Eine der Möglichkeiten, wie man die (Euro-)Krise noch halbwegs meistern könne, sei die Schaffung eines währungs- und wirtschaftspolitischen Kerneuropas, meinte Strache in einer Pressekonferenz. Diesem Kerneuropa könnten dann Länder mit starken Volkswirtschaften angehören, also die ehemaligen Hartwährungsländer. Das könne so geschehen, dass diese Länder, also Deutschland, die Niederlande, Belgien, Österreich, vielleicht auch Frankreich, aus dem Euro aussteigen und ihre eigene harte Währung schaffen würden.

BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher, dessen Partei seit geraumer Zeit Aussendungen und Plakate mit "Genug gezahlt" versieht, erwartet, daß Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) bei der Sondersitzung des Nationalrats am 30. September endlich die Karten auf den Tisch legen und der österreichischen Bevölkerung reinen Wein wird einschenken müssen. Die Österreicher hätten ein Recht darauf zu erfahren, ob es einen Plan-B für ein Scheitern der Griechenlandhilfe gebe und wie viele Milliarden SPÖ und ÖVP noch nach Griechenland versenken wollen. Das BZÖ habe bereits vor eineinhalb Jahren vor der Pleite Griechenlands gewarnt, eine geordnete Insolvenz, die Rückkehr zur Drachme, einen Zahlungsstopp und eine Zweiteilung der Eurozone gefordert und vor einem geplanten ständigen Rettungsschirm gewarnt.
Der "Bucher-Plan" sieht einen sofortigen Zahlungsstopp vor, die wirtschaftlich starken und gesunden Länder wie Österreich, Deutschland, Luxemburg und Holland sollten eine eigene, sichere Währungszone für einen starken und stabilen Euro bilden. So würde unser Geld gerettet werden und Pleitestaaten wie Griechenland oder Portugal bekämen die Chance, finanziell zu gesunden.

Werner Kogler, stv. Bundessprecher der Grünen, nahm bezug auf Aussagen von Vizekanzler Michael Spindelegger in der ORF- Pressestunde, wo dieser seine Standpunkte präzisierte. Spindeleggers Vorschlag zur Einführung eines Solidarbeitrages für Topverdiener sei durchaus diskussionswürdig, so Kogler. Völlig absurd sei es aber, von Vermögenden einen freiwilligen Beitrag zu erbetteln. Das sei das Gegenteil von Leistungsgerechtigkeit. Viel wichtiger als Solidarbeiträge und freiwillige Beiträge wäre es, endlich in Sachen vermögensbezogene Steuern mit der OECD konform zu gehen: also Schluss mit steuerfrei herumspazierenden Millionenerben.
Und es müsse endlich Schluss sein mit der wahnsinnigen ÖVP-Parole, dass die Beseitigung von Steuerprivilegien für Millionenerben und Superreiche Diebstahl und Enteignung wären. Denn solange das so sei, bleibe die ÖVP eine Lobbytruppe für Superreiche und LeistungsUNgerechtigkeit.

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