Zehn Wochen nach der Wahl ...  

erstellt am
11. 12. 06

... und es sieht, mit nur ein wenig Pessimismus, nach einer Neuwahl des Nationalrates aus. Wie schon in den vergangenen Wochen immer wieder festgestellt, ist das Verhalten der beiden großen Parteien SPÖ und ÖVP untereinander dergestalt, daß es eher nach aufkeimendem Wahlkampf, denn nach einer kurz bevorstehenden Einigung in den Koalitionsgesprächen aussieht. Sie erinnern sich, es hat immer wieder geheißen, man wolle noch vor Weihnachten eine neue Regierung schaffen. Selbst Bundespräsident Heinz Fischer hatte die beiden Parteichefs Alfred Gusenbauer von den Sozialdemokraten und Wolfgang Schüssel von der Volkspartei gedrängt, die Regierungsbildung möglichst zügig voranzutreiben.

Die beiden größten Hindernisse, die Untersuchungsausschüsse zum Ankauf der Eurofighter und zur Finanzmarktaufsicht (FMA), scheinen Tag für Tag unüberwindlicher zu werden, tagtäglich tauchen irgendwelche Schriftstücke auf, die belegen sollen, daß der jeweils andere schon längst irgendetwas gewußt haben müßte und vorsätzlich verschwiegen habe. Vergangene Woche führte derartiges zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen SPÖ, Grünen und Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der in seiner Wortwahl ungewohnt heftig reagierte. Und im Zusammenhang damit hält auch die Debatte über die Staatsfinanzen unvermindert an, ja wird noch verstärkt durch Meldungen, wonach die noch amtierende Regierung seit dem Frühjahr 2000 rund 12,5 Milliarden aus dem "Goldschatz der Republik" abgezogen habe, wie SP-Klubobmann Josef Cap konstatierte. Unter anderem sei auch die Staatsverschuldung während dieser Zeit drastisch angestiegen, ergänzte SP-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter, die abgewählte Regierung habe jedenfalls nachhaltige Einnahmen mit Versilbern von Vermögen verwechselt. Das brachte VP-Wirtschaftssprecher Günther Stummvoll auf die Barrikaden, einmal mehr zeige sich, daß die SPÖ von Finanz- und Wirtschaftspolitik keine Ahnung habe. Die Staatsschuldenquote sei seit der Kreisky-Ära erstmals nachhaltig gesunken, die jährlichen Gewinnausschüttungen der Nationalbank an den Staat spiegle die gute Veranlagungspolitik der Nationalbank wider. Von den "SPÖ-Horrorzahlen" könne also keine Rede sein. VP-Klubobmann Willi Molterer meinte, Cap müsse, wolle die SPÖ mit der ÖVP gemeinsam gute Regierungsarbeit auf einer verlässlichen und vertrauensvollen Basis leisten, die Rolle wechseln: vom bissigen Oppositionspolitiker zum konstruktiven Regierungspolitiker.

Es sind nicht sehr viele, die ernsthaft an eine stabile Regierung noch vor Weihnachten glauben. Vielmehr werden Mutmaßungen laut, daß nach dem - wahrscheinlichen - Scheitern der Verhandlungen das Staatsoberhaupt wohl eine SPÖ-Minderheitsregierung angeloben wird. Als Übergangslösung, denn nach dem Ende der beiden Untersuchungsausschüsse, wenn also "Licht ins Dunkel" gebracht sein wird, sollte rasch eine Neuwahl erfolgen. Möglicherweise fällt uns Wählern dann die Entscheidung ein wenig leichter, wenn wir wissen, welche der schweren Vorwürfe aus dem Wahlkampf 2006 fundiert waren oder nur dem jeweils anderen aus wahltaktischen Gründen hätten schaden sollen. Der früheste Termin ist, so heißt es, ein Sonntag im Mai 2007. (mm)

http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2006/1206/W1/11112komm.htm

Beispielhaft zum Thema:
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2006/1206/W1/11112Pfelderer.htm
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2006/1206/W1/11112Ppensionen.htm
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2006/1206/W1/11112Peurofighter.htm
http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2006/1206/W1/11112finanzen.htm
 
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